Die Stadtparkfrauen

Den Grazer Stadtpark bevölkern zahlreiche Statuen und Büsten bekannter Persönlichkeiten. Alle sind Männer. Den Frauen bleiben zwei Wege, ein Gedenkstein, ein halber Ring und ein paar allegorische Figuren.

 

Dass Maria Theresia berühmter ist als alle Stadtparkmänner kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich nicht nur der Stadtpark, sondern die gesamte Geschichte in männlicher Überlegenheit präsentiert. Kein Wunder also, dass Frauen es meist nur als Allegorien oder fiktive Figuren auf einen Sockel geschafft haben. So wie im Stadtpark Styria, Austria, Justitia und die Waldlilie, eine Phantasiegestalt aus einem Roman von Peter Rosegger. Maria Theresia, in Wien natürlich mit einem großartigen Denkmal gewürdigt, hat 1774 mit der Schulpflicht für alle Kinder einen wichtigen Grundstein zur Gleichstellung gelegt. Zur Schule ging man damals vom 6. bis zum 12. Lebensjahr. Eine weiterführende Ausbildung gab es nur für Buben. Erst über 100 Jahre später, Ende des 19. Jahrhunderts, durften Mädchen maturieren und studieren. Was Maria Theresia uns noch bescherte, war eine Verwaltungsreform, der wir auch die Systematik von Straßennamen und Hausnummern verdanken. In Graz war sie dreimal: als Elfjährige 1728 bei der Erbhuldigung ihres Vaters, Kaiser Karl VI, 1750 auf der Reise nach Pettau und zurück und 1765 bei einem 5-tägigen Zwischenstopp im Schloss Eggenberg auf dem Weg zur Hochzeit ihres Sohnes Leopold in Innsbruck. 

 

Einen Ahorn plus Gedenkstein hat der Stadtverschönerungsverein 1909 zwei Frauen gewidmet, über die heute nur wenig bekannt ist: Hermine Baronin Zois und Marie, Edle von Campi. Sie haben die Tätigkeit des Vereins unterstützt und auch Kunst und Kultur gefördert. Stöbert man etwas intensiver in der Geschichte, so stellt sich heraus, dass die beiden Schwestern waren, Töchter von Georg Göth, einem hochtalentierten und engagierten Historiker, der seine Laufbahn als Sekretär von Erzherzog Johann begann. Man kann also annehmen, dass die beiden Frauen eine sehr gute Ausbildung durch Privatlehrer erhalten haben. Außerdem zählten sie in ihren späteren Jahren zu den wenigen weiblichen Mitgliedern des Historischen Vereins für Steiermark, den ihr Vater einmal geleitet hat. In die Liste der Stadtparkdenkmäler der Stadt Graz hat sich ein amüsanter Fehler eingeschlichen, aus der Edlen von Campi wurde eine von Scampi. Der Stadtverschönerungsverein, gegründet 1869, hatte das Ziel den Stadtpark anzulegen. Erst über die Jahre wurde daraus eine männliche Freiluftgalerie. 

 

Gibt es die Maria-Theresien-Allee schon seit 1899, ist der Susanne-Wenger-Weg erst 2016 so benannt worden. Offenbar als Resultat der eifrigen Suche nach Gelegenheiten für weibliche Namensgebungen. 1915 in Graz geboren, führte ihr verschlungener Lebensweg die Künstlerin knappe 5000 Kilometer weit weg, nach Nigeria. Eine schwere Erkrankung brachte sie der dortige Yoruba-Religion näher, sie wurde sogar zur Priesterin geweiht. Es gelang ihr, den Heiligen Hain der Göttin Osun mitten im afrikanischen Regenwald zu retten und gemeinsam mit heimischen Kunstschaffenden auch neue Werke zu integrieren. Seit 2005 ist der Hain UNESCO-Weltkulturerbe. Wenger starb mit 94 Jahren in Nigeria. In der Religion der Yoruba sind Bäume Repräsentanten der göttlichen Kraft. Also auf in den Stadtpark!

 

Bleibt noch Oktavia Aigner-Rollett, die erste Grazer Medizinerin. Ein halber goldener Ring steht ihr zu Ehren im Stadtpark, die andere Hälfte bei der Universität. 1877 geboren, besuchte sie ein Lyzeum für Mädchen noch ohne Matura und die Möglichkeit zu studieren. Doch die Zeiten änderten sich gerade und so konnte sie 1907 ihre Praxis eröffnen. Sie steht im Mittelpunkt einer anderen Blog-Geschichte. Und das war es dann auch schon mit der geehrten Weiblichkeit im Stadtpark.

 

Erinnerung geht auch anders. So geschehen bei der Styriarte Ende Juni 2024. Treppauf treppab ging es heiß her im Palais Attems bei den Vorbereitungen für den Besuch Maria Theresias in Graz 1750. Und mittendrin das Publikum. So habe ich unversehens mit dem großartigen Gesinde-Chor goldene Löffel geputzt. In anderen Räumen gab es weitere amüsante Musikdarbietungen. Dann ging es in die Alte Universität, wo Graf Attems für den nächsten Tag vorsingen ließ. Denn was die in Wien können, können wir schon lange. Das Begrüßungslied für die Regentin war Sache des Publikums. Am nächsten Tag im Schauspielhaus, wo ein steirisch angehauchtes Pasticcio rund um Vivaldis Vier Jahreszeiten geboten wurde, hieß es gute fünfmal aufstehen und das Lied anstimmen, doch Maria Theresia kam nicht. Ein gelungenes Angebot der Styriarte mit vielen musikalischen und humorigen Akzenten. Niemand, der dabei war, wird 1750 so rasch vergessen und auch nicht das Gefühl wie es damals vielleicht gewesen sein könnte. Wer hingegen durch den Stadtpark geht, wird die sichtbaren Zeichen der Erinnerung wohl eher als Dekoration im Grünen wahrnehmen. Dann ist es auch nicht mehr ganz so schlimm, dass nur Politiker, Schriftsteller, Komponisten und Wissenschaftler herumstehen und keine -innen.

 



Infos über den Stadtpark * Maria Theresia in der Steiermark, Mitteilungen des Historischen Vereines für Steiermark, Heft 32 * Styriarte, Programm und Rezensionen