Kaum wiederzuerkennen ist die Basilika auf dem Purberg in Maria Trost. Statt dezentem Gelb kontrastiert nun Ziegelrot mit Weiß. Die architektonische und die psychologische Wirkung der Farben ist jetzt anders.
Wer meint, die Kirche wirke jetzt etwas kleiner, hat recht. Wer meint, sie rückt optisch näher, hat auch recht. Und wer meint, dass man recht haben großschreibt, hat ebenfalls Recht. Der früher weiße und nun dunkle Rahmen mit den Unterteilungen verengt die Fassade, das vitale Rot erscheint zudem optisch näher, während das heitere Gelb entfernter gewirkt hat. Dass die Kirche mit der neuen Farbgebung bewusst nahe an die Menschen herankommen wollte, ist eher unwahrscheinlich. Die Veränderung ist Teil der Sanierung: Neben dem ursprünglichen Kalkweiß wurde ein rötlicher Ockerton entdeckt.
Aber es geht ja ohnehin um die inneren Werte. So begründete die Marienstatue am Hochaltar den Wallfahrtsort. Ihre Geschichte liest sich wie ein Krimi. Die anmutige Madonna stand seit 1465 im Stift Rein. Als dort 200 Jahre später der Altar entfernt wurde, schenkte die Abtei sie einem Baron. So kam sie in die Kapelle des Purbergschlössls. Dort entdeckte sie ein Herr Canduzi von Heldenfeldt und kaufte gleich den ganzen Besitz. Bald gab es wundersame Geschichten und der Wallfahrtsmythos entstand. Ein Verbot durch den Bischof blieb erfolglos, die gewaltsame Entfernung der Madonna scheiterte. Canduzi brachte sie in Sicherheit und verkaufte sie einem Orden. 1708 kehrte die Marienstatue mit Triumph in die Kapelle zurück. Die Geschichte der heutigen Wallfahrtskirche begann. Ab 1714 wurde sie von Johann Georg Stengg erbaut und viele Jahre später fertiggestellt.
Die Kirche ist eine Basilica minor. Klingt ein bisschen abwertend, ist aber ein besonderer Ehrentitel, der vom Papst vor allem an bedeutende Wallfahrtskirchen verliehen wird. Es gibt auch den Titel Basilica major, aber den tragen nur 6 Kirchen, 4 in Rom und 2 in Assisi. Insgesamt dürfen sich rund 1830 Kirchen Basilica minor nennen. In Österreich sind es 35, in der Steiermark 5. Mariazell trägt den Titel seit 1907, Seckau seit 1930, Stift Rein seit 1979, Mariatrost seit 1999 und die Kirche am Weizberg seit 2018.
Eine Basilika erkennt man am Wappen des Papstes. In Mariatrost entdeckt man das von Franziskus gleich links am Beginn des Mittelganges. Es zeigt eine bischöfliche Mitra, darunter die Schlüssel Petris. Am Schild sind die goldene Sonne des Jesuitenordens, ein Stern und eine Nardenblüte. Es gibt jede Menge kritische Stimmen zu diesem Wappen. Übersetzungen für den Wahlspruch „Miserando atque eligendo“ gibt es auch viele. Irgendwie treffend, aber selten: „Obwohl niedrig, so doch auserwählt“, eher mehrheitsfähig: „Aus Barmherzigkeit erwählt“. Eine Narde ist übrigens eine wohlriechende Pflanze, mit der unser Speik verwandt ist.
Zum Thema Farben gibt es derzeit die Ausstellung Palette im Kunsthaus. Da geht es allerdings nicht so sehr um die Wirkung, sondern darum, woher Farben, Pigmente oder Bindemittel kommen und woraus sie bestehen. Helmut und Johanna Kandl spüren der Herkunft und den oft schwierigen Produktionsbedingungen in der Geschichte und im Jetzt weltweit nach. Ich habe das Künstlerehepaar bei der Führung am Standort von Jolly kennengelernt. Hier die Blog-Geschichte von damals. Natürlich ist auch die Farbe Rot Bestandteil der Ausstellung: Die Krapppflanze ist eines der ältesten Färbemittel, Rotholz das häufigste für Gemälde und die Koschenille, eine Schildlaus, färbt Textilien, Kosmetika und Aquarelle. Ich selbst bin eher in der Farbpsychologie zuhause. Dieser Blog hat ein blaues Logo. Blau steht für Ruhe, Kompetenz und Klarheit. Nur, falls das nicht ohnehin alle bemerkt haben. Nach den 216 Stufen der Angelus-Stiege zum Kirchentor der Basilika hätte das frühere Gelb meinen Geist beflügelt, während das jetzige Ziegelrot noch eine Portion körperliche Energie nachlegt. Also zurück nicht mit der Bim, sondern über den Wanderweg im Leechwald zum Hilmteich …
Die historische Entwicklung der Farbpsychologie: www.grin.com/document/105309 * Geschichte der Marienstatue aus dem Kirchenführer „Christliche Kunststätten Österreichs Nr. 27“, 1975 * Informationen zu Kirche und Wappen aus Wikipedia * Ausstellung Palette bis 13. März: www.museum-joanneum.at/kunsthaus-graz/ausstellungen