Nein, die Rede ist nicht von der traditionellen Eissorte von Eskimo in der Geschmacksrichtung Ananas und Himbeer, sondern von den Buntstiften in über 100 Farben, die seit 1965 in Graz hergestellt werden.
Die Vorschriften für die Erzeugung von Farbstiften sind durchaus mit jenen der Lebensmittelproduktion vergleichbar. Außerdem verwendet der Standort Graz zum Teil umgebaute Maschinen, mit denen früher Teig geknetet wurde. Die Marke JOLLY des heutigen Unternehmens Brevillier Urban & Sachs besteht seit 1965 und übertrifft damit den Eislutscher gleichen Namens um ganze 2 Jahre. Den Produktionsstandort in Graz gibt es schon länger – seit 1927. In Österreich und Slowenien ist JOLLY Marktführer, 40 Millionen Buntstifte und rund 2,5 Millionen Wassermalfarbtöpfchen werden jährlich hergestellt. Für die Stifte sind 170 Tonnen Minen notwendig. Das sind 30 ausgewachsene Elefanten oder 110 Mittelklasseautos.
Das Werk in der Grazer Iberergasse gleich neben der Bulme hat eine Fläche von 8.600 m² für die Produktion, das Lager und die Büros. Das ist in Elefanten etwas schwer zu messen, Autos hätten aber fast 1.000 Platz – Stoßstange an Stoßstange.
Die Minen der Buntstifte bestehen aus einer Mischung aus Farbpigmenten, Gesteinsmehl und Wachsen. Daraus entsteht durch Beigabe von Wasser, Erhitzen, Kneten und Trocknen die Masse für die Minenstifte. In fertig zugekaufte Holzbrettchen werden Rillen gefräst. In die Rillen kommt Leim, dann werden die geschnittenen Minen eingelegt. Ein zweites Brettchen wird als „Deckel“ draufgelegt und mit dem unteren verleimt. Im nächsten Arbeitsgang fräst die Maschine die Rundung. Weil Buntstifte natürlich bunt sein müssen, werden sie viele Male lackiert sowie bedruckt und perfekt gespitzt. Der Prozess ist weitgehend automatisiert, 37 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten am Grazer Standort, 21 davon in der Produktion. Das alles weiß ich von einer Sonderbetriebsführung, an der ich teilnehmen durfte. In Vor-Coronazeiten gab es jährlich an die 100 Schulführungen im Werk.
Für den Holzmantel wird Linde oder Weymouth-Kiefer verwendet. Beide Arten werden sehr alt, die noch nicht so lange gepflanzten Exemplare auf dem Werksgelände werden also hoffentlich auch in 500 Jahren noch dort stehen. Auch bis ein Stift fertig in der Metallbox liegt, dauert es seine Zeit. Je nach Trocknungsprozess können da schon einmal zwei Monate vergehen. Die ebenfalls in Graz hergestellten Wassermalfarbtöpfchen werden in 8 Behinderteneinrichtungen in die Malkästen gesteckt.
Der Vater der Buntstifte ist der Bleistift. Er heißt übrigens so, weil man dachte Graphit sei ein Bleierz. Seine Geschichte begann in Österreich. Joseph Hardtmuth gelang es 1790 aus Ton und Graphitpulver Minen herzustellen. Er gründete daraufhin eine Firma in Wien und stellte einige Jahre später 15 % des Weltbedarfs her. Österreich zählte in den 1960er-Jahren nach Südkorea zu den größten graphitfördernden Ländern der Welt. Der ertragreichste Bergbau befand sich in Kaisersberg in der Nähe von Sankt Stefan bei Leoben. Er ist heute wieder aktiv.
Den Buntstift hingegen hat ein Deutscher erfunden: Johann Sebastian Staedtler. Das von ihm 1835 gegründete Unternehmen existiert heute noch und zählt europaweit zu den größten Herstellern von Blei- und Buntstiften.
Die Firma Brevillier, zu der JOLLY Graz gehört, gründete 1863 eine Bleistift-Fabrik in Wien. Sie schrieb damals österreichische Industriegeschichte als weltweit größter Schraubenproduzent. Die Schraubenherstellung wurde 1983 eingestellt, die Schreibwaren sind erhalten geblieben. Heute hat Brevillier Urban & Sachs mit den Marken Cretacolor für Künstlerbedarf, JOLLY für Schulartikel und SAX für Büroartikel den Firmensitz im burgenländischen Hirm zwischen Eisenstadt und Mattersburg.
Meine zwei entzückenden Wahlenkelkinder haben sich sofort bereit erklärt, mit ihren JOLLY-Buntstiften ein Bild für diese Blog-Geschichte zu malen. Es sind zwei Mädchen und die sollen eine andere Farbwahrnehmung haben als Buben. Auch wenn sie erwachsen sind. Frauen sehen ein umfangreicheres Farbspektrum, besonders bei Rottönen. Zum Trost: Männer nehmen dafür Details besser wahr. In meiner Kindheit vor gefühlt 100 Jahren hat man sich sehnsüchtig einen Buntstiftkasten mit 12 Farben gewünscht, heute ist glaube ich die gängigste Variante jene mit 24 Stiften. Und die gibt es bei JOLLY sogar personalisiert. Ich selbst habe mir meinen Kindheitstraum mit 36 Künstleraquarellstiften erfüllt. Sie sind allerdings von der Konkurrenz Faber-Castell und so schön, dass sie noch ungenutzt sind. Ich habe mich aber gerade zu einem Zeichenkurs angemeldet, sozusagen als Vorbereitung. Es ist ein Sommerspecial im Freien und dauert nur 3 Stunden, trotzdem soll ich vom Skizzenbuch bis zum Malhocker eine Menge Sachen mitbringen. Malhocker – habe ich gerade gegoogelt – gibt es im Künstlerbedarf zum Beispiel aus gedrechseltem Buchenholz mit Kunstledersitz …
Interessantes über JOLLY unter www.jolly.at, Über uns * Jolly-Eis: www.eskimo.at, Die Geschichte von Eskimo * Grafitbergbau Kaisersberg in St. Stefan bei Leoben www.grafit.at * Internationaler Tag des Bleistifts 30.3. * Geschichtliches aus Wikipedia