Noch ein bisschen Tannenduft

Wenn man jetzt an den Christbaumsammelstellen vorbeigeht, kann man ihn noch riechen - den Duft nach Tannengrün. In ein paar Tagen bleibt uns nur mehr ätherisches Öl oder ein Waldspaziergang. 

 

Denn am 23. Jänner werden die Bäume von den mehr als 70 Sammelstellen in Graz abgeholt. Ihr Schicksal endet in der Biomasseheizanlage oder am Kompost. Eigentlich verblüffend, dass es bei den Sammelstellen so intensiv riecht, denn der beliebteste Baum, die Nordmanntanne, ist nahezu geruchlos. Dafür wächst sie symmetrisch, hat weiche Nadeln und verliert sie auch nicht. Man kann eben nicht alles haben. Bei den duftenden Exemplaren hat man die Wahl: stechende Nadeln, unregelmäßiges Wachstum oder geringe Haltbarkeit. Es ist das Harz, das so gut riecht. Manchmal werden die duftenden Öle auch über die Nadeln ausgeschieden. Diese Duftreize lösen im Gehirn Gefühle aus, die mit Erinnerungen verknüpft sind: Geborgenheit, Zuneigung, Vorfreude, Vertrauen, Wärme. Kein Wunder also, dass Weihnachtsbäume für uns wichtig sind. Übrigens unterliegt auch die grüne Pracht der Mode: in den 1950-er Jahren waren Rotfichten beliebt, in den 1960- bis 1970-ern die Blaufichten und ab Anfang 1980 die Nordmanntannen. Sie stammen aus dem Kaukasus und wurden nach einem finnischen Biologen benannt. Zukunftspotential dürfte die Weißtanne haben, sie wächst schmal und dicht und verströmt den typischen Duft sehr intensiv.

 

Bis ein Weihnachtsbaum zwei Meter groß wird, vergehen schon einmal 8 bis 12 Jahre. Jedes Jahr stehen rund 75.000 gefällte Christbäume für kurze Zeit in den mehr als 140.000 Grazer Haushalten. Selbst ohne die große Menge an Herzenswärme einzurechnen, sieht die Umweltbilanz nicht ganz so schlecht aus. Die Bäume binden beim Wachstum CO2 und produzieren Sauerstoff und setzen am Ende ihres Lebensweges einen Teil des CO2, aber auch Energie frei. Selbst in einem ausgeklügelten Rechenmodell kommt man zum Schluss, dass all die Geschenke und das, was wir zu Weihnachten essen, die Umwelt mehr belasten als der Baum. Der sollte unbedingt aus steirischen Familienbetrieben mit nachhaltigen Plantagen und waldähnlichem Klima kommen und ohne Pestizide groß werden dürfen. 

 

Ich selbst feiere Weihnachten bei meiner Wahlfamilie mit einem großen Baum und leuchtenden Kinderaugen. Trotzdem steht bei mir zuhause ein Plastik-Bäumchen. Und das kam so: Meine Eltern hatten zu Christbäumen immer schon eine besondere Zuneigung. Das jeweils armseligste Exemplar wurde von meinem Vater schönheitsoperiert und strahlte dann mit dem liebevollen Aufputz um die Wette. Als meine Mutter vor 10 Jahren kurz vor Weihnachten im gleichen Jahr wie mein Vater gestorben ist, habe ich ein kleines künstliches und daher pflegeleichtes Bäumchen in ihre verlassene Wohnung in Klagenfurt gestellt. Danach durfte es zur Erinnerung mit nach Graz. Es erfreut mich bis Maria Lichtmess am 2. Feber, dann kommt es in den Keller. Und alle Jahre wieder überlege ich zur Weihnachtszeit, ob ich nicht doch eines dieser wunderschönen Exemplare auf den Christbaummärkten kaufen soll …

 

Der Duft der Tanne wirkt vitalisierend, das Harz antiseptisch, die Spitzen in Tee und Bädern lindern Erkältungen * Interessantes zu Christbäumen auf der Plattform www.nachhaltig-in-graz.at/nachhaltigere-christbaeume * Rechenmodell vom Schaffhausener Büro für Umweltberatung: www.esu-services.ch/de/software/weihnachtsbaum/