Die schöne Bärtige am Kreuz

Prachtvolle Kleidung, goldene Schuhe, Bart und lange Haare – die Beschreibung erinnert an Conchita Wurst, gehört aber zur Darstellung einer gekreuzigten Volksheiligen im Diözesanmuseum in Graz. Es ist die heilige Kümmernis.

 

Das Kunstwerk im Museum stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die rätselhafte Schöne, die im Alpenraum auch Wilgefortis heißt, hat weder gelebt noch ist sie rechtmäßig heilig. Sie hatte im Volksglauben trotzdem einen hohen Stellenwert. Ihre fiktive Geschichte: Sie war die Tochter eines heidnischen Königs, bekannte sich aber zum Christentum. Weil sie eine Heirat verweigerte, landete sie im Gefängnis. Dort wurden ihre Gebete erhört, sie körperlich zu entstellen, um nicht mehr begehrenswert zu sein. Der erzürnte Vater ließ die nunmehr bärtige Tochter daraufhin ans Kreuz schlagen, damit sie ihrem Gott näher sei. Bevor sie starb, verkündete sie noch drei Tage lang das Christentum und konnte viele Menschen bekehren. Sie wurde früher bei jeder Art von weiblichem Kummer um Hilfe gebeten. Conchita Wurst spielte als Songcontest-Teilnehmerin 2014 mit diesem Mythos der Bart-Frau und rückte sich und sie damit ins Rampenlicht.

 

„Meine“ Heilige ist Elisabeth von Thüringen. Dass man im Namen Gottes, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft wird und es daher gar keinen eigenen Taufnamen gibt, dürfte zu meiner Zeit nicht bis Bad St. Leonhard durchgedrungen sein. Der kirchliche Vertreter bestand darauf, dass er keine Ilse, sondern nur eine Elisabeth taufen könne.

 

Zu jedem Namen gibt es Namenspatroninnen und -patrone. Wer jetzt darüber nachdenkt, welche Heiligen es für die Kevin- und Chantal-Generation gibt, wird ziemlich überrascht sein – es sind der Ire Kevin von Glendalough und Johanna Franziska von Chantal aus Burgund. Heiliges Ehrenwort! Elisabeth von Thüringen ist allerdings viel bekannter. Die Tochter aus ungarischem Adel heiratete 1221 mit 14 Jahren einen Thüringer Landgrafen. Schon in dieser Zeit hat sie sich fürsorglich um Arme und Kranke gekümmert und den Prunk ihres Adelsstandes abgelehnt. Als ihr Mann ums Leben kam, geriet sie unter den Einfluss eines gefürchteten Inquisitors und starb mit nur 24 Jahren durch ihre radikale Aufopferung in selbst gewählter Armut. Elisabeth steht für die bedingungslose Nächstenliebe, die Grazer Elisabethinen sind deshalb ganz in ihrem Geiste für kranke Menschen da. Dargestellt wird die Heilige meist mit dem Rosenwunder. Wegen der Verteilung von Brot an Arme zur Rede gestellt, behauptete sie, in ihrem Korb wären Rosen. Sie musste ihn öffnen und tatsächlich lagen statt des Brotes Rosen darin. So eine Darstellung gibt es auch am nördlichen Seitenportal der Stadtpfarrkirche in der Herrengasse. Neben ihr steht der heilige Christophorus. Aber das ist eine andere Geschichte …

 

www.dioezesanmuseum.at, Bürgergasse 2, ab 28. April gibt es eine neue Ausstellung, Öffnungszeiten Di-Fr 9-17, Sa, So 11-17 * Über die heilige Kümmernis: https://at.wikimannia.org/Heilige_Kümmernis * Über Elisabeth von Thüringen: www.katholisch.de/artikel/61-rosen-im-korb