Das Grazer Stadtbild macht große Augen

43 unterschiedliche Fensterformen waren eine ziemliche Herausforderung beim Neubau in der Burggasse nahe der Oper. Aber wer mit Stararchitektin Zaha Hadid arbeitete, musste damit rechnen. 

Ihre Entwürfe sind Gedankenmodelle. Bis zur Realisierung müssen auch die Bautechniker kreativ werden. In diesem Fall in einer um 2 Jahre längeren Bauzeit, mit vielen Materialversuchen und einer Fassade, die 40 Tonnen wiegt. Das Siegerprojekt einer Ausschreibung begleiteten heftigste Diskussionen. Aber das ist nichts Ungewöhnliches. Die Grazer mochten auch das Kunsthaus nicht. Schon der Abbruch des vormaligen Kommodhauses mit dem Namen eines Szenelokals, führte zu Protesten. Lange davor so um 1590 waren dort Stallungen, in denen die erzherzöglichen Lipizzaner wohnten. Dann wurde Theater gespielt, bis es im frühen 19. Jahrhundert zum später denkmalgeschützten Bau kam. Der Stadtsenat beschloss 2003 den Abriss, weil eine Sanierung zu teuer gewesen wäre. 

 

Argos heißt der 2019 fertig gestellte provokante Neubau. Benannt nach dem Ungeheuer mit den hundert Augen aus der griechischen Mythologie. Da immer nur zwei seiner Augen schliefen, bewachte Argos im Auftrag von Hera die in eine Kuh verwandelte Io, die Geliebte ihres Göttergatten Zeus. Dieser schickte Hermes los, um das Ungeheuer mit seinem Flötenspiel einzuschläfern und zu töten. Die sprichwörtlichen Argusaugen entstammen der lateinischen Version. In Zaha Hadids künstlerischem Erbe – sie starb 2016 – sind jetzt Full-Service Apartments ab 99 Euro pro Nacht zu mieten inklusive Blick aus den aufregenden Fensterformen. 

 

Ich bin der Stararchitektin vor Kurzem in Innsbruck „begegnet“. In den eindrucksvollen Stationen der Hungerburgbahn, die an Schneelandschaften erinnern. Auch die Bergisel Schanze ist ihr Werk. Dabei schaffte sie es erst 1993, 43-jährig, ihr erstes Projekt zu realisieren, das Feuerwehrhaus von vitra in Weil am Rhein. Dort war ich vor einigen Jahren. Das vitra Design-Museum und die Produktionsstätten wurden alle von herausragenden Architekturschaffenden gestaltet. Zaha Hadid mit ihrer Abneigung für rechte Winkel, entwarf das Gebäude mit schrägen Wänden. Der Boden ist völlig eben, trotzdem möchte man sich beim Durchgehen am liebsten wo festhalten. Die Feuerwehrleute sollen sich aber schnell daran gewöhnt haben. 2015 beim Baubeginn in Graz, war Zaha Hadid so anerkannt, dass rund 400 Architektinnen und Architekten in 44 Ländern für sie arbeiteten. Am WU Campus in Wien ist das Library and Learning Center von ihr. Ich hatte bisher nur Außenkontakt. Aber jetzt will ich so bald wie möglich mit großen Augen in das spektakuläre Innere schauen … 

 

Wer wissen will, wie die Geschichte von Zeus und Io ausgeht: anthrowiki.at/Io * Mehr über die Argos Apartments: argos-graz.at * Näheres zu vitra in Weil am Rhein in der Nähe von Basel: www.vitra.com/de-at/about-vitra