Ein Brunnen und viel mehr als vier Tauben

Auf dem Schlossbergplatz wird der Blick magisch angezogen von der Schlossbergstiege und dem Uhrturm. Der schlichte Taubenbrunnen davor bleibt meist unbemerkt. Die lebendigen Tauben sind dafür umso präsenter.

 

Der Brunnen ist das früheste Beispiel eines Kunstwerks im öffentlichen Raum nach dem 2. Weltkrieg. Der Entwurf dazu stammt von einem renommierten Grazer Bildhauer namens Walter Ritter, der Brunnen wurde 1949 aufgestellt. Vier Tauben krönen die Mittelsäule und aus vier schlangenförmigen Rohren fließt Wasser in ein Becken. Vielleicht ein friedliches Pendant zum Kriegssteig, zu dem wir alle Schlossbergstiege sagen. Aber das ist nicht dokumentiert. 

 

Außer auf dem Brunnen, gibt es Tauben überall in Graz, insgesamt so um die 2.500. Sie hinterlassen pro Jahr 10 Tonnen Taubenkot. Es ist verboten, sie zu füttern, weil sie dann mehr Energie in die Futtersuche investieren müssen und weniger Zeit zum Brüten haben. Die Männchen gurren, weil sie balzen und zwar mit geschlossenem Schnabel. Für die Weibchen Musik in den Ohren, sie paaren sich mehr oder weniger immer und weil die Brutzeit kurz ist, ergibt das eine Menge Nachwuchs.

 

Vor einiger Zeit hatte ich auch welche auf dem Balkon, offenbar ein turtelndes Pärchen. Das Gurren bringt einen an den Rand der Verzweiflung und das, was sonst noch zurückbleibt, über den Rand hinaus. Schließlich habe ich Drahtstacheln angebracht, aber erst als das auch der damalige Nachbar gemacht hat, hatte der Spuk ein Ende. Die Stacheln gibt es noch immer. Die Tauben haben heutzutage ein ziemlich schlechtes Image, wiewohl ihre Geschichte eigentlich eindrucksvoll ist.

 

Schon in der Arche Noah wurde nach dem Rückgang des Wassers eine Taube als Kundschafterin ausgeschickt. Das ist die Geschichte mit dem Ölzweig und dem Frieden zwischen Gott und den Menschen. Die Ägypter haben mit dem Taubenkot gedüngt, die Römer haben sie als Delikatesse verspeist. Die Araber richteten erstmals einen Nachrichtendienst ein. Im ersten Weltkrieg wurden sie eingezogen und eine erhielt sogar einen Militärorden, weil sie – verletzt – eine lebensrettende Botschaft überbrachte.

 

Und dann kam Pablo Picasso und zeichnete für den ersten Kongress der Weltfriedensbewegung die berühmteste aller Tauben. Vielleicht hänge ich mir das Bild auf den Balkon unter die Drahtstacheln …

 

Taubenbrunnen, Schlossbergplatz * Plastische und grafische Werke von Walter Ritter (1905-1986) in der Neuen Galerie Graz * Infos über Tauben und Abwehrmaßnahmen unter www.graz.at, Suchbegriff: Stadttauben