Der Grazer Herbst

Was wie ein kulturelles Angebot klingt, ist eine spektakuläre Veranstaltung der Natur. Das Herbstlaub zeigt sich in seiner ganzen Farbenpracht und verabschiedet sich nun. Das tut den Bäumen gut. 

 

Astronomisch gesehen dauert der Herbst vom 22. September bis 21. Dezember. Es gibt aber auch eine andere Sicht, festgelegt von der Weltorganisation für Meteorologie, damit die Klimadaten in einheitlichen Zeiträumen analysiert werden können: Herbst ist von September bis November. Und dann gibt es noch den phänologischen Herbst. Ein fixes Datum kennt er nicht, aber Regionen und insgesamt 10 Jahreszeiten. Der Vollherbst beginnt zum Beispiel dann, wenn die Kastanien von den Bäumen fallen. Die Phänologie dokumentiert wiederkehrende Naturereignisse und gibt so Aufschluss über langfristige Veränderungen. Die Zentralanstalt für Meteorologie betreibt schon seit 1851 ein entsprechendes Beobachtungsnetzwerk, an dem Interessierte per Naturkalender-App teilnehmen können.

 

Das Schönste am Herbst ist wohl das Farbenspiel der Blätter. Aber warum ist das so? Das Blattgrün oder Chlorophyll ermöglicht die Photosynthese: Die Blätter produzieren aus CO2 und Sonnenlicht Nährstoffe für den Baum und geben so nebenbei Sauerstoff an die Luft ab. Dazu brauchen sie natürlich auch Wasser. Wenn die Tage kürzer werden, deponiert der Baum den grünen Farbstoff aus den Blättern im Stamm, in den Ästen und in den Wurzeln, sozusagen als Reserve für den nächsten Frühling. Die anderen Farben kommen dann zum leuchtenden Vorschein. Aber nicht bei allen Arten, bei den eigensinnigen Eschen fallen die Blätter grün vom Baum. Damit das wenige Wasser im Winter nicht über die Blätter verdunstet, dreht ihnen der Baum um zu überleben schließlich die Wasserzufuhr ab. In Graz gibt es rund 2,3 Millionen Bäume, die meisten am Buchkogel und am Plabutsch, fast zwei Drittel davon sind Laubbäume. Daher ist es in Graz im Herbst bunter als anderswo.

 

Hängt das Laub bis November hinein (was es gerade tut), wird der Winter lange sein, sagt die Bauernregel. Das ist keine so nette Perspektive. Da muss ich länger auf die Schneeglöckchen warten, die meinen persönlichen, aber auch den phänologischen (Vor-)Frühling einläuten. Im Herbst ist im Grazer Freundeskreis fröhliches Basteln angesagt, gemütliches Essen inklusive. Die Werke aus den davor gesammelten Blättern sind jeweils sehr speziell, ihre Vergänglichkeit ist dabei ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Ich bin zuständig für’s Essen. Es gab schon Spaghettikürbis, Empanadas mit Kürbisfüllung, Kürbis-Chili, -Curry und -Auflauf kombiniert mit herbstlichen Vor- und Nachspeisen. Diesmal wird es ausnahmsweise – wenn uns Covid nicht noch durch die Länge des Lockdowns einen Strich durch die Rechnung macht – ein Adventtreffen. Ich überlege schon in Richtung Papiersterne, Kohlsprossen und Süßkartoffeln … 

 

Phänologie Beobachtungen: www.naturkalender.at * Phänologischer Kalender: www.naturwissenschaften.ch/seasons-explained/phenological_calendar * Mehr zur Photosynthese: www.explainity.de/aktuell/photosynthese * Wissenswertes über die Grazer Wälder: www.nachhaltig-in-graz.at/tag-des-waldes-21-maerz