Carola Francisca

Die Grazer Karl-Franzens-Universität ist über die Grenzen der Steiermark hinaus bekannt. Aber wer war Karl Franz? Und wer Carola Francisca wie es in großen Lettern auf dem Hauptgebäude steht?

 

Gehen wir zurück ins Jahr 1585: Erzherzog Karl II. regiert in Innerösterreich, also in der Steiermark, Kärnten, Krain und Görz. Er ist 45 Jahre alt, Graz ist seine Residenz. Die Bevölkerung ist mehrheitlich protestantisch, seit 5 Jahren gibt es jedoch schon herrschaftliche Gegenmaßnahmen. Dazu gehört auch die Gründung der Universität am 1.1.1585 und die Übergabe an die Jesuiten, die vom Regenten oder wie man munkelt von seiner erzkatholischen Gemahlin nach Graz geholt wurden. Die Universität, die aus einer philosophischen und einer theologischen Fakultät besteht, wird im neu errichteten Priesterseminar untergebracht. Den Karl haben wir also gefunden, aber was ist mit dem Franz?

 

Die Geschichte geht weiter: Etwas mehr als 20 Jahre später übersiedeln die Hörsäle und die Aula in das Gebäude in der Hofgasse, das wir als Alte Universität kennen. Das Eingangsportal und die Wappen Kaiser Ferdinands II. und seiner Gattin Maria Anna von Bayern an der Gebäudeecke sind noch von damals, die übrige Gestaltung stammt aus einem Umbau fast 200 Jahre nach der Gründung. Es ist die Zeit Maria Theresias, der Jesuitenorden ist kurz davor vom Papst aufgehoben worden, die Universität jetzt staatlich. Kurzzeitig von Josef II. zum Lyzeum degradiert, erfolgt die Wiederbegründung 1827 durch Kaiser Franz I. Sein Denkmal steht am früher nach ihm benannten heutigen Freiheitsplatz mit Blick zur Alten Uni. Man sieht ihm an, dass er bei den Grazer Stadttauben sehr beliebt ist.

 

Wir haben also den Franz zum Karl gefunden. Da die Uni aus allen Nähten platzt, kommt es zum Neubau am Gelände zwischen Heinrich- und Schubertstraße. Der Bau des Hauptgebäudes verzögert sich, die finanziellen Mittel gehen aus. 1895 ist es dann doch so weit. Das Gebäude, am Stil der Renaissance orientiert, ist fertig, auf der Fassade stehen links und rechts Erzherzog Karl II und Franz I. Die Aufschrift VNIVERSITAS LITTERARVM CAROLA FRANCISCA gilt es noch zu entschlüsseln. Als ich studiert habe, waren solche Details nicht interessant genug, obwohl ich dort ziemlich lange ein und aus gegangen bin. Universitas Litterarum beschreibt die Gesamtheit der Wissenschaften, was nicht mehr ganz stimmt, seit sich die MedUni Richtung Stiftingtal vertschüsst hat. Weibliches wie Carola oder Francisca finden wir jahrhundertelang nicht. Die erste ordentliche Hörerin gab es 1898, 313 Jahre nach der Gründung, 1929 die erste Habilitation, die erste Professorin 1949. Als ich zu studieren begann, machten die weiblichen Studierenden ein Drittel aus, heute sind es über 60 Prozent. Carola und Francisca verdanken wir der Eleganz der lateinischen Sprache. Karl und Franz als Carolus und Franciscus werden zu weiblichen Adjektiven der Universitas. Übersetzen könnte man es mit „von Karl und Franz geprägt“, eben mit Karl-Franzens-Universität.

 

Eine ausführliche Zeitreise durch die Geschichte der Karl-Franzens-Universität, die heute 30.000 Studierende zählt.