So versteht man Bahnhof

Mit diesem Spruch wirbt die ÖBB für ihre digitalen Kundeninformationen. Digital generiert ist am Grazer Hauptbahnhof auch die Deckengestaltung mit ihren biomorphen Formen und der auffälligen Farbgebung.

 

Im Kulturhauptstadtjahr 2003 hat der Medienkünstler Peter Kogler die Bahnhofshalle mit bedrucktem Kunststoffgewebe ausgekleidet. Seit 2013 sind die neuen Gänge zu den Bahnsteigen und zum westlich gelegenen Stadtteil ebenfalls mit den Kogler’schen Formen dekoriert  allerdings in dezentem Grau. In dieser Zeit entstanden auch die Dächer über die Bahnsteige und den Vorplatz und die Straßenbahn wurde unter die Erde verbannt. Bei der Suche nach einem Namen für das ringförmige Vordach, entschied sich die Jury aus 700 Einsendungen für Golden Eye. Ob dies etwas mit dem gleichnamigen James Bond Film zu tun hatte, ist nicht bekannt. Im Zuge der Bauarbeiten gab es jedenfalls genug Dramatik: eine 250 kg schwere Fliegerbombe musste zur Detonation gebracht werden. Leider gibt noch immer 190 Verdachtspunkte im Bombenblindgängerkataster der Stadt Graz.

 

 

Die ersten Bomben fielen bereits 1941. Es waren 2 jugoslawische Flugzeuge, die unbemerkt bis Graz kamen. Mit der Offensive der Alliierten von 1944 bis 1945 hatte Graz 57 Fliegerangriffe zu überstehen, 17.000 Bomben zerstörten 2000 Menschenleben und 45 % der Stadt. Das neue Bahnhofgebäude wurde erst 1956 eröffnet. Die Halle ist noch die gleiche. Als 1844 die allerersten Züge bis Graz fuhren, gab es noch nicht einmal ein Gebäude. Es wurde 3 Jahre später fertiggestellt. Ab Sommer 1857 konnte man bereits von Wien nach Triest reisen. Der Bahnhof wurde rasch zu klein und bereits 20 Jahre später ausgebaut. 

 

Auch Klagenfurt hat seinen Bahnhof. Er gehörte zur Südbahnstrecke, die nicht nur über Graz und Marburg, sondern auch von Bruck über Klagenfurt nach Italien führte. Und auch er wurde im 2. Weltkrieg völlig zerstört und in den 1950er Jahren wieder aufgebaut. Giselbert Hoke, ein damals junger Kärntner Künstler, wurde mit der Gestaltung der Bahnhofshalle beauftragt und löste eine Welle der Empörung aus. Ein Verein sammelte sogar Geld, um das Gemälde wieder entfernen zu lassen. Aber wie das so ist mit der modernen Kunst, heute steht es unter Denkmalschutz. Ich freue mich schon auf 2025, wenn Klagenfurt durch die Koralmbahn in 45 Minuten zu erreichen sein wird. Heute sitze ich 2 Stunden im Bus. 

 

30.000 Fahrgäste tummeln sich täglich am Grazer Hauptbahnhof. Dank Klimaticket bin ich seit meiner Pensionierung häufiger unter ihnen. Und kann auch schon einiges an Erfahrungen teilen: Zugfahren kann im Sommer ziemlich schweißtreibend sein, dafür lassen sich Fenster öffnen, was in den Tunnels zu ohrenbetäubendem Lärm führt, angesagte Verspätungen können auch nicht eintreten, Toiletten sind manchmal gesperrt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren bisher aber immer sehr freundlich. Nicht nur in Graz.

 

 

100 Jahre ÖBB, Daten, Fakten, Zahlen 2022/23