Nein, Kiki Kogelniks Köpfe haben keine neue Galerie gefunden. Hier geht es um Kunst ganz anderer Art: Das Waschen, Schneiden, Stylen, Färben und Föhnen, das in Graz in mehr als 300 Friseurbetrieben möglich ist.
Es könnten auch Frisörbetriebe sein. Der Duden empfiehlt jedoch die offensichtlich elegantere Version. Obwohl das Wort aus dem Französischen kommt, ist der Friseur dort ein Coiffeur. Dazu gibt es die Coiffeuse, die bei uns eine Friseurin ist und sich gerade zur Hairstylistin updatet. Von den mehr als 300 Betrieben sind in etwa 50 Prozent Ein-Personen-Unternehmen. Dort ist die Welt meist noch wie früher – der persönliche Name ist gleichzeitig der Firmenname. Bei fast allen anderen tut sich eine neue Welt auf. Der Friseursalon Kopfsache und die Haargalerie finden sich im Titel, aber auch sonst gibt es Erstaunliches: Haar Quadrat, Haarig, Haarimpuls, Hairgott, Hairhunter, Schnittpunkt, Haarmonie, Druckwelle, Schnittig, Haarscharf ...
Man spürt direkt den mehr oder weniger kreativen Entstehungsprozess. Zwischen Lendplatz und Kunsthaus fallen 3 Namen auf: Die Haarschneiderei, Hausfrauenpalast und Grünschnitt. Alle drei wurden mir schon empfohlen. Die Haarschneiderei kommt im zeitgeistigen Retro-Look daher mit sehr fotogenen Schaufenstern. Die vom Hausfrauenpalast sehen sich mit Augenzwinkern als Handwerkerinnen und Handwerker. Und Grünschnitt arbeitet nachhaltig mit veganen und tierversuchsfreien Produkten. Wir wollen ja kein Haar in der Suppe suchen, aber im Hausfrauenpalast und bei Grünschnitt könnte man auch andere Produkte vermuten.
Unter den weiblichen Lehrlingen zählt die Friseurin auch heute noch zu den drei meistgewählten Lehrberufen. Und er hat Geschichte. Bereits in der Antike gibt es Hinweise auf gewerbsmäßige Friseure. Bei uns waren es im frühen Mittelalter die Bader, die für Bart, Haar und Körper zuständig waren. Im 15. Jahrhundert gab es dann eigene Barbiere, die in Form der Barbershops gerade wieder Hochkonjunktur haben. Die Bezeichnung Friseur tauchte im 19. Jahrhundert für Damen und Herren auf.
Ich fahre immer noch zum Haareschneiden nach Klagenfurt. Dabei hat alles in Graz begonnen. Als ich nach Studium und ersten Jobs wieder nach Kärnten gezogen bin, wurde mir Peter Ingrassia von meinem damaligen Grazer Friseur empfohlen. Und so begann eine Beziehung, die bis heute hält. Zwar gab es einen gröberen Konflikt, weil ich meine Haare nicht mehr färben wollte und er fand, dass ich 10 Jahre älter aussähe. Aber es folgte eine diplomatische Lösung: der Wechsel zu seiner Lebenspartnerin Silke. Gefühlt komme ich vom Friseurbesuch in Kärnten attraktiver zurück. Beim Zwischendurch-Fremdgehen in Graz sehe ich deutlich biederer aus. Aber vielleicht ist diese Schlussfolgerung an den Haaren herbeigezogen. Die Redewendung kommt übrigens aus dem Mittelalter als flüchtende Straftäter an den Haaren vor den Richter gezerrt wurden. Heute tut man damit der Logik Gewalt an. Aber deshalb werde ich mir keine grauen Haare wachsen lassen, die hab‘ ich ja schon …
Geschichte der Friseure: www.geschichtewiki.wien.gv.at/Friseur oder hoffriseur.eu/blog-post/vom-barbier-zum-friseur-das-friseurhandwerk-in-der-geschichte/