Aber auch das Reh gehört zur Familie der Hirsche. Was man über Kunstwerke so alles lernen kann, ist ziemlich erstaunlich. Selbst Walt Disney Filme offenbaren sich neu.
In einer Querstraße zwischen der Körösistraße und der Mur ganz in meiner Nähe steht eine Tierskulptur. Man könnte sie für ein Reh halten, es ist aber ein Hirschtier. Was aber ist das? Eine Hirschkuh in der Jägerfachsprache, zumindest wenn ich das richtig interpretiere. Das Spannende ist aber ohnehin die Verbindung zu den uns vertrauteren Rehen. Rehe gibt es schon ein paar Millionen Jahre länger als die Hirsche, die wir als Rotwild kennen und es gibt sie nur in Europa. Die generationenübergreifende Verwirrung nimmt genau da ihren Anfang. Als Walt Disney Bambi vom österreichischen Autor (und Jäger) Felix Salten verfilmte, wurde das Reh zu einem amerikanischen Weißwedelhirsch. Bei der deutschen Synchronisation jedoch kehrte Bambi zu seiner ursprünglichen Abstammung zurück. Allerdings hatte das Rehlein nun einen Hirschbock zum Vater. Der Film entstand bereits 1942 (!), Bambis Schicksal hat die Herzen der Zuschauer berührt und gilt als Meilenstein der Filmgeschichte.
Das Hirschtier in meiner Nähe steht vor der Redaktion der Jagdzeitschrift „Der Anblick“. Der Künstler Fritz Russ, der in Gmünd in Kärnten lebt und arbeitet, hat das Tier aus Kettengliedern geschaffen. Er verwandelt nicht mehr benötigte Alltagsgegenstände und Werkzeuge in Metallskulpturen, von denen man viele in Gmünd in seinem Garten vor dem Atelier bestaunen kann.
Ich bin wirklich verblüfft, dass ich bei meinen Besuchen in Gmünd noch nie über Fritz Russ gestolpert bin. In meinem Haushalt gibt es weder Hund noch Katze, aber ich besitze ein pflegeleichtes Rehlein. Als ich noch im Tourismus in Kärnten tätig war, entstanden die österreichischen Wanderdörfer. Die Agentur, die dieses Angebot entwickelt hat, hat für die Bewerbung eine Rehfamilie anfertigen lassen. Das kleinste Reh konnte nicht alleine stehen und brauchte Anlehnung, wahrscheinlich habe ich es deshalb ins Herz geschlossen. Als die Werbetournee vorbei war, bekam ich es geschenkt. Es ist kein Kuscheltier, es lebt einfach in meiner Wohnung. Nur falls jemand gerade an kindheitsbedingte emotionale Defizite denkt. Trotzdem werde ich jetzt Bambi noch einmal lesen ...
Czar/Timischl, Unbekanntes Graz, Styria Verlag * Felix Salten, Bambi, Eine Lebensgeschichte aus dem Walde * www.fritzruss.com