Für bare Münze nehmen

Abenteuerliche Ereignisse sind Realität in der Grazer Münzgeschichte. Schon 1215 begann hierorts die Prägung und dauerte einige Jahrhunderte an – bis zur Schließung der Münzstätte durch Maria Theresia im Jahr 1772.

 

Ab 1756 war der Sitz des Münzamtes in der Sackstraße 22. Die aufregendsten Zeiten waren da schon vorbei. Eine erste verhängnisvolle Finanzkrise gab es vor 1460, untrennbar verbunden mit dem Namen Balthasar Eggenberger. Er war damals der reichste Geschäftsmann und der wichtigste Geldgeber des in Graz residierenden Kaisers Friedrich III. Auf sein Konto gehen auch der erste Familiensitz am heutigen Schlossgelände und der steile Aufstieg der Eggenberger. Der Kaiser machte ihn schließlich zum Münzmeister, Einfluss und Vermögen wuchsen. Als der Silberpreis stieg und der Kaiser die Pachtgebühr für die Münzrechte erhöhte, reduzierte Balthasar – sicher mit Wissen des Kaisers – den Silbergehalt seiner Münzen durch Zugabe von Kupfer. Diese minderwertigen Geldstücke nannte die Bevölkerung Schinderlinge, ihre Kaufkraft sank dramatisch. Es folgten Flucht und schnelle Rückkehr. Der Kaiser brauchte wohl das Geld des Eggenbergers für seine kriegerischen Konflikte. Balthasar fiel dann später doch in Ungnade und wurde auf dem Schloßberg inhaftiert. Im Gefängnis gab er dem Kaiser ein Darlehen von enormer Höhe, die Umstände seines Todes sind ungeklärt. Balthasar Eggenberger war nicht der Einzige, der schlechtes Geld prägte und so erfasste die Inflation weite Teile des Reiches.

 

Aus der Geschichte lernen war auch damals nicht wirklich angesagt. Die Grazer Prägestätte blieb zwar einige Jahre geschlossen, aber insgesamt gab es weiterhin eine Vielzahl an Prägeherren und Münzstätten. Die finanziellen Erfordernisse des 30-jährigen Krieges führten in die nächste Katastrophe und damit 1623 zur Abwertung der in Umlauf befindlichen geringwertigen Münzen um 87 Prozent. Die Wirtschaft brach zusammen, viele Menschen standen vor dem Nichts. Erst unter Maria Theresia bildete sich ein einheitlich geregeltes Münzwesen.

 

Und vor der ersten Münzprägung in Graz? Schon im 2. vorchristlichen Jahrhundert kannten die einheimischen Kelten Münzen, in der Nähe von Leibnitz sind sogar welche geprägt worden. Von den zur Zeitenwende nachfolgenden Römern gibt es viele Funde, auch im Grazer Stadtgebiet. Geprägt wurde woanders. Das ausgeklügelte Staats- und Rechtssystem, der blühende Handel und die innovativen Technologien beflügelten von Flavia Solva aus unser Land. Das alles geriet in Vergessenheit, als nach dem Untergang des römischen Reiches die Ostgermanen eindrangen. Für Jahrhunderte herrschte Armut. Das änderte sich auch nicht, als die Slawen einwanderten. Erst unter der bairisch-fränkischen Herrschaft ging es etwas aufwärts, da dauerte es dann nicht mehr lange bis zur Gründung der Steiermark, von Graz und der ersten Münzprägestätte 1215.

 

Wien war etwas früher dran. Mit den 12 Tonnen Silber, die der englische König dem Babenberger Herzog Leopold an Lösegeld für Richard Löwenherz zahlte, beginnt 1194 die Geschichte der heutigen Münze Österreich, der ersten Wiener Prägestätte. Ihre Bedeutung ist ungebrochen. Der Maria-Theresien-Taler ist die bekannteste und meistgeprägte Silbermünze der Welt und der Wiener Philharmoniker eine der weltweit gefragtesten Goldmünzen. Es gibt auch eine Steiermark Edition – eine 10 Euro Silbermünze – mit einem stilisierten Stadtbild von Graz inklusive Uhrturm und Schloss Eggenberg und auf der anderen Seite mit Steiermark-Motiven wie dem grünen Herz, den Bergen, Kürbissen, Sonnenblumen und einem Fluss.

 

Seit wann es Münzen gibt? Es war Ende des 7. vorchristlichen Jahrhunderts als Krösus als erster in seinem Königreich Lydien im Westen der heutigen Türkei genormte Münzen mit Prägestempel einführte. Es waren Klümpchen aus einer dort vorkommenden Gold- und Silberlegierung. Geblieben ist nicht nur das Münzwesen, sondern auch die Antwort „Bin ich Krösus?“ auf die Bitte nach finanzieller Unterstützung. Mit heimkehrenden Söldnern kam das Münzgeld nach Griechenland und Rom. Das Papiergeld haben dann im 7. Jahrhundert nach Christus die Chinesen erfunden.

 

Manchmal fällt der Groschen recht spät, zum Beispiel wenn ich etwas für bare Münze nehme, obwohl es ironisch gemeint ist. Die noch junge Redewendung stammt von den Automaten, wo ein durchaus komplizierter Mechanismus eine Weile gebraucht hat, bis die Münze fiel und das Gewünschte freigab, sei es ein Musikstück, Getränke oder Kaugummi und Spielzeug. Ich dachte, dass diese Sehnsuchtsautomaten meiner Kindheit gar nicht mehr existieren. Aber ein Freund wusste von einem am Grazer Bahnhofsvorplatz. Auf dem Weg dorthin bin ich in der Keplerstraße gleich auf eine ganze Galerie solcher Automaten gestoßen. Für so einen Tschatsch (außerhalb Kärntens: wertloses Zeug) hatten meine Eltern null Verständnis. Ich konnte nicht widerstehen und hab es gleich dreimal versucht – zweimal kam Kaugummi heraus, einmal ein winzig kleines grünes Irgendwas mit Augen. Empfehlenswerter ist ein Besuch im Münzkabinett in Schloss Eggenberg, dort wird die ganze Münzgeschichte der Steiermark anschaulich erzählt …

 



Fotos: Alte Münze, Sackstraße, römischer Münzfund Adriach/Frohnleiten, Steiermark-Münze (42 Euro, Stand 31.10.2025), Kaugummi-Automaten Keplerstraße * Münzkabinett im Schloss Eggenberg * Österreichische Geldgeschichte OENB * Die Münze Österreich