Denkmäler sind normalerweise sesshaft. Für Graz scheint das nicht zu gelten. Hierzulande wandern sie von weit her ein oder in der Stadt umher und erleiden auch sonst so manchen Schicksalsschlag.
Die Mariensäule hat nicht nur ein bewegtes sondern auch ein bewegendes Denkmalleben hinter sich. Wir verdanken ihre Existenz einem Gelübde anlässlich der Schlacht gegen die Türken bei Mogersdorf. 1670, 6 Jahre nach dem legendären Sieg und damit vor mehr als 350 Jahren, wurde sie auf dem Karmeliterplatz eingeweiht. 1796 wechselte die Säule erstmals ihren Standort. Kaspar Andreas von Jacomini schmückte mit ihr seine neuerworbenen Vorstadtgründe. 1928 folgte dann die nächste Übersiedlung an ihren heutigen Platz am Eisernen Tor. Damit begann ein Leidensweg ganz anderer Art. Das Denkmal wurde bei den Propagandafeiern im Anschlussjahr 1938 von den Nationalsozialisten okkupiert und mit einem roten Obelisken ummantelt.
50 Jahre später hat man im Rahmen des Steirischen Herbstes zur mahnenden Erinnerung die Mariensäule noch einmal mit einem roten Obelisken verkleidet. Die Schrift am unteren Rand wies auf die nationalsozialistischen Verbrechen hin. Rechtsextreme setzten die Kunstinstallation in Brand und beschädigten damit auch die Säule und die Marienfigur. Das, was wir heute sehen, ist eine Rekonstruktion, wiedereingeweiht im Juni 1990. Die Täter wurden verurteilt. 2003 dann ein kleiner Lichtblick: Ein 18 Meter hoher gläserner Lift ermöglichte es im Kulturhauptstadtjahr Maria auf Augenhöhe zu begegnen, zumindest physisch.
Der Stadtparkbrunnen ist wesentlich jünger, gerade einmal 150 Jahre alt. Gebaut in Paris, stand er bei der Weltausstellung 1873 in Wien im französischen Pavillon unter der damals größten Kuppel der Welt. Die Wiener lehnten den Ankauf nach der Ausstellung ab, allen anderen Interessierten kam die Grazer Bürgerschaft zuvor. Sie ergatterten das architektonische Prachtstück um 30.000 Gulden, was einer heutigen Kaufkraft von ca. 420.000 Euro entsprechen soll. Schnell und spendabel waren die die Grazerinnen und Grazer ja schon einmal gewesen: 65 Jahre vorher, als sie den Glockenturm und den Uhrturm zu einem Preis von 2.978 Gulden und 41 Kreuzer vor der Vernichtung retteten. Auch damals waren die Franzosen im Spiel. Der Brunnen wurde mit 5 Bahnwaggons nach Graz gebracht und im Stadtpark zu Ehren Kaiser Franz Joseph I im Oktober 1874 eingeweiht. Das weitgereiste Meisterwerk – immerhin sind es von Paris nach Wien und dann nach Graz fast 1.500 Kilometer – konnte seinen tollen Standort in Ruhe genießen. Zumindest bis auch hier ein Projekt des Steirischen Herbstes 1985 zu einer Irritation führte. Der „Rostige Nagel“ in unmittelbarer Nähe wurde geschmäht, verhüllt, angesägt und sollte sogar im Boden versenkt oder woanders aufgestellt werden. Aus all dem wurde nichts.
Auch andere Denkmäler haben ihren Standort gewechselt. Vizeadmiral Tegetthoff stand einst in Pula, dem österreichisch-ungarischen Kriegshafen, 400 km von Graz entfernt. Als der Hafen nach dem 1. Weltkrieg an Italien fiel, war das Denkmal einer siegreichen Schlacht gegen die nunmehrigen Machthaber nicht mehr opportun. Heute würde man sagen, es wurde gestürzt. Aber sehr vorsichtig. Denn fein säuberlich zerlegt landete es in Venedig und kam schließlich 1935 nach Graz, wo Tegetthoff seither auf dem gleichnamigen Platz steht. Eine kürzere Reise hat das Denkmal „Den Toten zur Ehre, den Lebenden zur Mahnung“ hinter sich. Das 12 Meter lange Werk begrenzte – noch vielen erinnerlich – von 1961 bis 2003 den Karmeliterplatz Richtung Osten. Es musste einer Tiefgarage weichen und führt heute ein beschauliches Dasein im Stadtpark beim Paulustor. Wohl zu beschaulich, um als Mahnmal für den Frieden wirksam zu werden. Am Karmeliterplatz gab es immer schon ein Kommen und Gehen. Die dortige Pestsäule wurde 1680 am Beginn der Sackstraße errichtet und wechselte 1875 auf den heutigen Standort. In der Nähe des Stadtparkbrunnens sind auch noch Styria und Austria zu finden, sie zierten ehemals sehr dekorativ die alte Hauptbrücke.
Mit 14 Umzügen kann ich die Denkmalwanderungen leicht toppen. Worin sie sich ähneln, ist wahrscheinlich, dass bei jedem Ortswechsel Geld auf der Straße liegen bleibt. Nun bin ich schon seit einiger Zeit in meinem Lieblingsort Graz sesshaft geworden. Ich schreibe über vieles, was mir begegnet und ich mache auch die Fotos dazu. Über liebe Freunde bin ich auf die Alternative Urban Sketching aufmerksam geworden. Ein Trend an Orten schnelle Skizzen anzufertigen und sie zu colorieren, um eine ganz persönliche Sichtweise zu zeigen. Was man dazu braucht, ist neben Stift und Farbe wohl ein bisschen Talent, das ich leider an mir nicht wirklich erkennen kann. Mein größter Flop war der Stadtparkbrunnen und das trotz der grandiosen Anleitungen der Künstlerin Eftichia Schlamadinger. Dabei hätte er so gut zu dieser Geschichte gepasst. So musste meine Version an den unteren Bildrand auswandern. Ich habe mir aber vorgenommen, es noch einmal zu versuchen.
Mehr über die Mariensäule und ihre Geschichte * Das Foto mit dem Obelisken vom Steirischen Herbst stammt aus der 360 Graz Ausstellung im GrazMuseum * Näheres zum Rostigen Nagel * Auch im Sommer 2025 gibt es wieder Urban Sketching Kurse