Es war einmal

Im Dezember jeden Jahres werden die Nobelpreise vergeben. Graz gilt als Hochburg dieser prominenten Wissenschaftler. Zumindest wenn man fast ein ganzes Jahrhundert in der Geschichte unserer Universität zurückblickt.

 

In Graz geboren ist keine dieser Persönlichkeiten. Geografisch am nächsten ist der Geburtsort von Victor Franz Hess. Es ist das Schloss Waldstein in Deutschfeistritz, gerade einmal 30 Kilometer von Graz entfernt. Hess war der Sohn des Forstmeisters. Er bekam den Nobelpreis für Physik 1936 für die Entdeckung der kosmischen Strahlung. Zunächst in Wien, kehrte er 1920 als Professor für Experimentalphysik an seinen Studienort Graz zurück, wo er mit einem Zwischenstopp in Amerika bis 1931 blieb. Die nächste Station war eine Professur in Innsbruck. Während dieser Zeit wurde er am Kehlkopf operiert und verlor einen Daumen, eine Folge der radioaktiven Forschung. 1937 folgte er wieder dem Ruf nach Graz, kurz bevor das NS-Drama für jüdische Mitmenschen begann. Er wurde nach dem Anschluss im März 1938 kurzfristig verhaftet, im Mai 55-jährig in den vorläufigen Ruhestand versetzt und schließlich ohne Pensionsansprüche entlassen. Mittellos emigriert er nach Amerika, weil er nicht nur seinen Besitz zurücklassen, sondern auch das Nobelpreisgeld gegen deutsche Reichsschatzscheine umtauschen musste. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten konnte er seine Arbeit erfolgreich fortsetzen. 

 

Hess ist also nur fast in Graz geboren, hat aber an der Uni gelehrt. So richtig vereinnahmen können wir ihn aber nicht. Denn die Grundlagen der nobelpreiswürdigen Arbeit entstanden in Wien und bei der Verleihung war er in Innsbruck. Als er dann 1937 nach Graz kam, gab es eine Sensation: Gleich 3 Nobelpreisträger lehrten an der Universität: Victor Franz Hess, Otto Loewi und Erwin Schrödinger. Das macht Graz wohl nicht so schnell jemand nach. Otto Loewi bekam den Nobelpreis für Medizin 1936, im gleichen Jahr wie Hess jenen für Physik. Er entdeckte die chemische Weiterleitung von Nervenimpulsen. Bei der Verleihung des Preises war er tatsächlich in Graz tätig. Nach dem Studium in seiner deutschen Heimat arbeitete er in Wien und ab 1909 in Graz. Gewohnt hat er in einer Villa in der Johann-Fux-Gasse in Geidorf. Von Loewi weiß man, dass der Schlossberg sein Lieblingsplatz war. 1938 ereilte den damals 65-Jährigen das gleiche Schicksal wie Hess. Er wurde in Schutzhaft genommen, in den Ruhestand versetzt und dazu gedrängt das Land zu verlassen. Auch er musste das Preisgeld abgeben, um emigrieren zu dürfen. Und auch er landete an einer amerikanischen Universität. 

 

Erwin Schrödinger ist der Dritte im Bunde. Der Wiener lehrte in verschiedenen Ländern, ehe er 1937 für kurze Zeit in Graz eine Professur für theoretische Physik annahm. Als Gegner des Nationalsozialismus entließ ihn die Uni Graz wegen Unzuverlässigkeit, Schrödinger wanderte nach Irland aus. Der Begründer der Quantenmechanik erhielt den Nobelpreis für Physik 1933. 10 Jahre davor hat Fritz Pregl den Nobelpreis für Chemie für die Mikroanalyse organischer Substanzen erhalten. Der Laibacher war wie Loewi zum Zeitpunkt der Preisverleihung an der Uni Graz tätig, wo er am Institut für angewandte medizinische Chemie gelehrt hat. Er ist am Grazer Zentralfriedhof begraben. 

 

Der Nobelpreis wird seit 1901 jährlich in Stockholm verliehen. Genau am 10. Dezember, dem Todestag von Alfred Nobel. Der Unternehmer wurde mit der Erfindung des Dynamits reich und hat eine Stiftung initiiert, aus deren Zinsen die Preisvergabe finanziert wird. Und zwar für herausragende Leistungen auf den Gebieten der Physik, Chemie, Medizin und Literatur sowie des Friedens. Seit 1969 gibt es auch einen Preis für Wirtschaftswissenschaften, den die Schwedische Reichsbank finanziert. So ein Nobelpreis ist mit 970.000 Euro pro Kategorie und maximal 3 Personen ziemlich nobel dotiert.

 

Wer kann da schon mithalten. Doch auch in meinem eher unscheinbaren Berufsleben gab es ein paar Auszeichnungen, leider ohne Preisgeld. Zum Beispiel den Europäischen Verwaltungspreis für ein großes Reformprojekt in der Finanzverwaltung oder einen Umweltpreis für das Naturforum Weissensee. Oder internationale Anerkennung für die erste all inclusive Karte touristischer Ausflugsziele, die Kärnten Card. Und dann noch die netteste aller Wertschätzungen, einen Award von den Kolleginnen und Kollegen zum Fast-Abschied aus dem Berufsleben. Jetzt ist die Auszeichnung im Internet verewigt und ich kann guten Gewissens die gerahmte Variante einmotten. Noch etwas Preiswürdiges zu machen, hätte durchaus seinen Reiz. Aber den Nobelpreis für Literatur hat schon Elfriede Jelinek 2004 erhalten. Die Steiermark ist also abgedeckt. Und in meiner Kärntner Heimat ist mir Peter Handke 2019 zuvorgekommen. Insgesamt haben bisher 981 Personen und 31 Organisationen Nobelpreise erhalten. Ruhm und Ehre fallen auch auf die Unis zurück, an denen die Ausgezeichneten jeweils gearbeitet haben oder arbeiten. Die Harvard University führt das Ranking mit 29 Geehrten an. Da hat Graz vielleicht noch etwas Luft nach oben.

 



Stadt der Nobelpreisträger, ein Beitrag von Prof. Kubinzky * Statistik der Nobelpreisträger