Auf dem Holzweg

Dass sich gerade die Suche nach zwei ungewöhnlichen Bauten der Technischen Universität Graz als Irrweg herausstellte, ist erstaunlich. Denn Graz ist unbestritten das Entwicklungszentrum für modernes Bauen mit Holz. 

 

Vier Meter hoch soll sie gewesen sein, die Kobra auf dem Campus der TU in der Inffeldgasse. Das Institut für Holzbau und Holztechnologie ist noch da, die Holzskulptur ist einer Wohnsiedlung gewichen und hat danach das Zeitliche gesegnet. Das kommt davon, wenn man sich für holztechnische Innovationen eine fremdländische Giftschlange aussucht. Es hätte ja auch eine heimische Kreuzotter getan. Den Holzpavillon mit den verdrehten Lamellen, der bei der Alten Technik aufgestellt war, gibt es auch nicht mehr. Er ist nach Murau ausgewandert. So hat es ein toller Holzbau einer ebenso tollen Gesundheitseinrichtung auf das Titelfoto geschafft. Er wurde 2019 mit dem Steirischen Holzpreis ausgezeichnet und wird uns später noch einmal begegnen.

 

 

Die TU Graz hat zwar für einige leere Kilometer gesorgt, aber jetzt weiß ich wenigstens, wie groß das Gelände ist. Das Institut für Holzbau und Holztechnologie leitet seit 2004 Professor Gerhard Schickhofer. Er hat Mitte der 1990er Jahre das Brettsperrholz entwickelt und dafür 2019 den Marcus-Wallenberg-Preis erhalten. Das ist so etwas wie der Nobelpreis für bahnbrechende wissenschaftliche Errungenschaften in der Forst- und Holzwirtschaft.

      

Brettsperrholz besteht aus mehreren kreuzweise verklebten Massivholzplatten. Es ist damit formstabil und ermöglicht nicht nur nachhaltiges und flexibles Bauen, sondern auch ganz neue Dimensionen. Das zweithöchste Holzhochhaus der Welt ragt in Wien-Aspern in der Seestadt 84 Meter in die Höhe. Man glaubt es kaum, dass Österreich rund zwei Drittel der Weltproduktion an Brettsperrholz bereitstellt. Kein Wunder, dass der Landesinnungsmeister der steirischen Holzbauer von einem ganzen Stadtteil aus Holzbauten träumt, der neue Maßstäbe setzt und Graz zur Holz-City adelt. In Graz gibt es laut Wirtschaftskammer 13 Holzbaumeister, in der Steiermark sind es 358. Die Steiermark ist mit einem Waldanteil von über 60 Prozent prädestiniert für den Holzbau. Dank Plabutsch und Buchkogel hat Graz immerhin einen solchen von 25 Prozent, den höchsten aller österreichischen Städte. Dass wir auf Holz setzen ist also ganz und gar kein Holzweg. Die Redewendung geht zurück auf jene Wege, die beim Abtransport von Holz aus den Wäldern entstanden. Sie dienten nur diesem einen Zweck und führten daher bei anderer Nutzung schlichtweg in die Irre. 

 

Wie man an einem Dachausbau eines Gründerzeithauses in der Muchargasse in Geidorf sieht, eignet sich Holz auch perfekt um Alt und Neu zu verbinden. Seit der Zeit, wo wir keine Lust mehr hatten herumzuziehen und in Höhlen zu hausen, haben wir uns in Europa auf Holzhäuser verlegt. Die ältesten davon, die Pfahlbauten sind immerhin 7000 Jahre alt. Bis zur Neuzeit war Holz der wichtigste Baustoff. Und auch später waren Dachstuhl, Decken und Treppen in den gemauerten Häusern aus Holz. Stahl und Beton fanden erst im 20. Jahrhundert große Verbreitung. Heute kehrt das Holz mit neuen Technologien in die Städte zurück. Es wächst nach, bindet Kohlenstoff, kann rückgebaut werden und fördert das Wohlbefinden. Studien ergaben eine beruhigende Wirkung, eine optimale Luftfeuchtigkeit und eine erhöhte Leistungsfähigkeit und Kreativität.

 

Klopfen wir also auf Holz, dass dieser natürliche Baustoff eine gute Zukunft hat. Warum wir gerade auf Holz klopfen sollten? Wenn früher darüber geredet wurde, wie gut man es hatte, klopften die Menschen schnell an die hölzerne Wand des Hauses, damit die bösen Geister nichts vom Glück erfuhren. Vielleicht stammt das Klopfen aber auch daher, dass Seefahrer und Bergleute am Ton des Holzes erkannten, ob Masten oder Stollen in einem guten Zustand und damit sicher waren.

  

Auch wenn es in diesem Blog um Graz geht, als Kärntnerin kann ich den Pyramidenkogel nicht ignorieren. Er soll mit seinen 100 Metern der höchste Holzaussichtsturm sein. Der höchste Holzturm der Welt ist der 18 Meter höhere Sendeturm Gleiwitz. Heute in Polen, früher in Deutschland an der polnischen Grenze wurde er 1939 Ziel eines fingierten Angriffs, der den Überfall auf Polen und damit den Beginn des 2. Weltkrieges rechtfertigen sollte. Das Gebäude auf dem Titelfoto ist der Josefhof, eine Einrichtung der BVAEB mit Programmen für ein gesundheitsorientiertes Leben im Alter. Das Wohlfühlhaus schmiegt sich geradezu in die Landschaft gleich hinter Mariatrost. Weil Holzbauten uns offenbar wirklich positiv beeinflussen, haben sich bei meinem Aufenthalt besonders nette Kontakte ergeben. Die Adressen wurden ausgetauscht und der erste Besuch hat schon stattgefunden. Am Josefhof ist auch die Idee zu dieser Geschichte entstanden. Das mit der Kreativität stimmt also auch.

 

Die größte Holzkonstruktion der Welt, von der ich gar nicht wusste, dass sie es ist, hat mich in Sevilla mit ihren riesigen Pilzformen beeindruckt. Aber es ist vielleicht etwas naheliegender einmal die Holzwelt in Murau zu besuchen. Das ist auch schon geplant. Was ich bereits gemacht habe: mein bisher versiegelter Parkettboden ist geschliffen und jetzt geölt. Ich warte nur noch auf die Wirkung ...

 



Mit der Holzbaukarte von proHolz Steiermark kann man sehenswerte Holzbauten finden * Institut für Holzbau und Holztechnologie der TU Graz * Die BVAEB ist die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau * Mehr über die Holzwelt Murau, Foto Tom Lamm * Fotoausschnitt vom Pyramidenkogel, Kärnten Werbung, Tine Steinthaler