Erkennungszeichen Weltkulturerbe

Das historische Zentrum von Graz ist Weltkulturerbe. Aber woran erkennt man das? Und warum ist das eigentlich so? Am 18. April war der österreichische Welterbetag, eine gute Gelegenheit, um nach Antworten zu suchen.

 

Graz ist seit 1999 mit seiner hervorragend erhaltenen Altstadt Welterbe, seit 2010 gehört auch das Schloss Eggenberg dazu. Damit sind wir Teil eines erlesenen Kreises von ca. 1.100 Kultur- und Naturstätten weltweit. Die Geschichte beginnt aber schon früher. 1945 wurde die UNESCO gegründet, die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Ganz im Bewusstsein, durch die internationale Zusammenarbeit einen Beitrag zum Frieden zu leisten. 1972 hat die UNESCO die Welterbekonvention zum Schutz des kulturellen und natürlichen Erbes beschlossen.

 

Auslöser dafür war der Bau des Nil-Staudamms. Die UNESCO koordinierte zwischen 1963 und 1968 eine internationale Aktion zur Rettung der Tempelanlagen von Abu Simbel. Sie wurden ab- und an höherer Stelle wieder aufgebaut. Die Hälfte der benötigten Mittel mit einem heutigen Wert von ca. 450 Millionen Euro haben 50 Staaten aufgebracht – in der Erkenntnis, dass es Denkmäler und Orte auf der ganzen Welt gibt, die einzigartige Zeugnisse der Kulturgeschichte der Menschheit darstellen. Das ist 50 Jahre her. Österreich hat das Abkommen vor 30 Jahren, also 1992, ratifiziert. Heute gibt es über 190 Vertragsstaaten. Festgelegt sind Rahmenbedingungen, Abläufe und Kriterien für ein Welterbe wie auch Pflichten der Staaten zu dessen Schutz und Erhaltung. 

 

Wer hat nun Graz ausgesucht? Die Stadt selbst, denn es ist eine völlig freie Entscheidung, sich dem anspruchsvollen Bewerbungsprozess der UNESCO zu unterziehen. Über die Aufnahme in die Welterbeliste entscheidet das aus 21 Staaten bestehende Welterbekomitee, das für 6 Jahre gewählt wird. Am 22. April hat die UNESCO die für Juni 2022 geplante Sitzung in Russland abgesagt. 

 

Und wie weiß man, was in Graz zum Welterbe gehört? Man holt sich zum Beispiel den kleinen Folder, den es in der Tourismus-Info in der Herrengasse oder hier gibt. Oder man schaut sich ganz einfach um. Es steht auf allen Schildern der betroffenen Straßen. Sie sind nicht grün-weiß wie sonst überall, sondern weiß-rot und tragen die Logos des UNESCO-Weltkulturerbes und der Stadt Graz. Das Stadtlogo ist zwar eine ältere Version, aber es ist ziemlich vernünftig nicht jedes Mal die Schilder zu tauschen. Manchmal sieht man ganze Tafelgenerationen als stumme Zeugen ihrer Zeit. Damit es nicht zu einfach wird, gibt es nicht nur eine Kernzone, sondern auch eine Pufferzone, die dem Schutz der Kernzone und dem Erhalt von Sichtachsen dient. In der beschilderten Kernzone gibt es insgesamt 881 Häuser, viele davon sind denkmalgeschützt. 

  

Ganz Aufmerksame entdecken auch noch Schilder in blau-weiß mit einem Text  in Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch. Sie dienen der Kennzeichnung im Sinne der 1954 abgeschlossenen Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten. In der Realität sieht das dann so aus: In der Ukraine sind seit Kriegsbeginn laut nationalem Dachverband der Museen 158 Denkmäler und Kulturstätten teilweise beschädigt oder komplett zerstört worden.

 

Weltkulturerbe zu sein bedeutet auch die Verpflichtung, das historische Erbe zu erhalten und zeitgenössische Baukultur harmonisch einzufügen. Wenn das nicht gelingt, droht die Aberkennung. Das ist Dresden durch einen Brückenbau passiert, Wien ist auf der roten Liste gelandet und in Graz könnte die unfertige Dachfläche des Kastner & Öhler-Hauses dazu führen. Denn die Dachlandschaft wird als besonders prägendes Element des Weltkulturerbes genannt. Aber auch die historischen Fassaden aus den unterschiedlichsten Epochen. Der UNESCO musste ein Plan vorgelegt werden, der neben dem historischen Befund auch Handlungsempfehlungen und rechtliche Schutzinstrumente enthält. Zuständig für die Weltkulturerbe-Koordination ist die Stadtbaudirektion.

 

Die Schönheit von Graz und die hohe Lebensqualität erfreuen nicht nur mich und viele Grazerinnen und Grazer, sondern auch zahlreiche Reisende. Es sind rund 500.000, die uns jährlich besuchen. Sie alle gehören wahrscheinlich wie ich zum Urlaubstyp Städtereisende, manchmal auch als Kulturjunkies bezeichnet. Ihre Eigenschaften: sie planen viel und gerne, laufen mit dem Reiseführer (oder der Reiseführerin, wenn auch die nichtmenschliche Version gegendert werden muss) durch die Stadt und vermeiden Pausen, weil sich sonst nicht alle Sehenswürdigkeiten auf ihrer Liste ausgehen. Das mit den Pausen stelle ich entschieden in Abrede. Entspannt im Kaffeehaus sitzen gehört auch dazu. Naja und vielleicht doch noch schnell etwas über die nächste Sehenswürdigkeit lesen. Bisher war für mich das Welterbe kein Auswahlkriterium, trotzdem waren schon ganz viele dabei, wie ich bei einem Blick in die geniale UNESCO-Welterbeliste feststellen konnte. Auf dem Foto ist eine kleine Auswahl: Krakau, der Königspalast in Sevilla und Bamberg. In Zukunft wird wohl bei der Planung ein Blick in diese Liste die Reiseführer-Lektüre ergänzen. In Österreich gibt es 12 Welterbestätten, von denen es auch noch ein paar zu entdecken gilt …

 



UNESCO bedeutet United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation * Derzeit gibt es 897 Kultur- und 218 Naturstätten, 39 gehören sowohl zum Kultur- wie zum Naturerbe: http://whc.unesco.org/en/list * Österreich ist mit 12 Welterbestätten vertreten: www.unesco.at/kultur/welterbe/unesco-welterbe-in-oesterreich