Zahlen und Botschaften für Rätselfreunde

Nicht nur Menschen sind uns manchmal ein Rätsel, auch Buchstaben und Zahlen geben sich nicht immer gleich zu erkennen. Schloss Eggenberg ist dafür ein Beispiel, die Grazer Burg und auch das Landhaus.

 

Viele Grazer wissen es: Schloss Eggenberg ist ein einziger architektonischer Kalender. 365 Fenster für die Tage des Jahres, 31 Räume in jedem Stockwerk für die Tage im Monat, 24 Prunkräume für die Stunden eines Tages und so weiter. Doch das ist hier gar nicht gemeint. Es geht um eine Inschrift an der Fassade, in der ein Rätsel versteckt ist: AVE CLAVDIA IMPERATRIX. Einige Buchstaben sind größer: V C L V D I I M I X. Es sind die römischen Ziffern I = 1, V = 5, X = 10, L = 50, C = 100, D = 500, M = 1000. Die Inschrift ist ein sogenanntes Chronogramm. Das ist ein Text, in dem eine verschlüsselte Jahreszahl enthalten ist. Hier geht es um das Jahr 1673.

 

Im Herbst dieses Jahres fand die einzige Kaiserhochzeit in Graz statt. Aus diesem Anlass wurde das Chronogramm an der Fassade von Schloss Eggenberg angebracht. Leopold I., damals schon 15 Jahre römisch-deutscher Kaiser und dann noch 32 weitere, heiratete Erzherzogin Claudia Felizitas von Österreich-Tirol. Die Braut und ihre Verwandtschaft wohnten als Gäste im Schloss, von wo aus der Hochzeitszug zum Dom führte. Fürst Johann Seyfried hat sich dabei finanziell übernommen und noch Jahre danach unter den Schulden gelitten. Die Ehe war jedoch glücklich, dauerte aber nur 3 Jahre, weil die Kaiserin bereits mit 22 Jahren starb.

 

Ein weiteres Chronogramm ist über dem Portal an der Nordfront des Landhauses zu entdecken. Dort wo sich auch die Städtewappen befinden. Wer die Jahreszahl ausfindig machen will, schaut nicht auf die Fußnote, sondern dort vorbei. Und wer noch ein bisschen weiter üben möchte – bei der Pestsäule in Wien am Graben oder beim Goldenen Dachl in Innsbruck gibt es Gelegenheit dazu.

  

Die römischen Zahlen blieben zwar für Jahresangaben, Ziffernblätter, Aufzählungen, die Unterscheidung von Personen gleichen Namens oder dekorative Zwecke erhalten, erwiesen sich aber im Alltag als sperrig. Sie wurden abgelöst von den arabischen zehn Zahlzeichen, die davor aus Indien gekommen sein sollen und den Weg zu uns über die Mauren in Spanien und die Kreuzzüge fanden. Erst dieses System machte komplexe Berechnungen möglich. Um die einfachen mittelalterlichen Zahlen an Gebäuden zu entschlüsseln, muss man sich nur 3 Ziffern merken. Alle anderen sehen den heutigen ähnlich. Es sind die Zahlen 4, 5 und 7. Die 4 ist leicht erkennbar als Schleife, die 7 ist nach links umgefallen. Und was nicht 4 oder 7 und trotzdem nicht erkennbar ist, ist die 5. Vielleicht am ehesten beschreibbar als umgedrehte 5 ohne den Querstrich. 

 

Kann man die römischen und arabischen Zahlen auf den Grazer Mauern mit ein wenig Wissen enträtseln, so ist das beim berühmten AEIOU Kaiser Friedrichs in vielen hundert Jahren nicht gelungen. Da ist noch Forschergeist gefragt, obwohl es hunderte Deutungen gibt. Friedrich III., der längst gediente römisch-deutsche Herrscher von 1440-1493, der Graz zur Kaiserresidenz machte, verwendete die geheimnisvolle Signatur auf seinen Bauwerken. Und auch auf seinem Wappen und dem Tafelgeschirr. Die Grazer Burg ist voll davon. „Alles Erdreich ist Österreich untertan“ für AEIOU klingt zwar eindrucksvoll, ist aber ziemlich unwahrscheinlich. Es dürfte sich eher um ein höchstpersönliches Monogramm mit mystischen Bezügen handeln. 

 

Wie vielleicht schon an der Geschichte erkennbar, habe ich ein Faible für etwas ungewöhnliche Rätsel. So freue ich mich auf das wöchentliche Zeit Magazin, mit dem mich ein bester Freund versorgt. Es ist eine Beilage der großformatigen und seitenstarken deutschen Originalzeitung, die er mir netterweise erspart. Unter dem Titel „Um die Ecke gedacht“ wartet eine rätselhaft verschlüsselte Herausforderung. Sie kann einen an den Rand des Wahnsinns treiben, wenn man nicht einmal die Frage versteht oder aber in euphorische Höhen, wenn man komplizierte Zusammenhänge sofort erfasst. Mit etwas Glück gibt es ein Zitat mit Namensnennung, das ich googeln kann. Ist zwar nicht im Sinne des Erfinders, macht es aber einfacher, wenn die grauen Zellen einmal nicht auf Trab zu bringen sind. Ich finde auch die Mystery Hunt im Kunsthistorischen Museum in Wien gut gemacht. Dabei gibt eine Sphinx Rätsel auf, deren Antworten auf dem Weg durch die Räume der Antike zu finden sind.

 

Vielleicht sollte ich die Entwicklung einer Grazer Entdeckungsreise mit Wort- und Bilderrätseln, verschlüsselten Fragen und kreativen Aufgaben in Angriff nehmen. Meine Blog-Geschichten sind ja jetzt schon ein reicher Fundus …

 

 



Mehr über Schloss Eggenberg: www.museum-joanneum.at/schloss-eggenberg * Etwas über Chronogramme: www.de.wikipedia.org/wiki/Chronogramm * Die Jahreszahl im Chronogramm an der Nordfront des Landhauses ist 1890 * Entstehung der Zahlen und die mittelalterliche Schreibweise: www.matheretter.de/wiki/zahlen-entstehung * Mystery Hunt im Kunsthistorischen Museum: www.mystery.at/about-mystery-hunt/khm