Aus Neu mach Alt auf dem Grazer Schloßberg

Nein das ist kein Irrtum, es ist wirklich so gemeint. Möglich macht das ein großer Bildschirm im Graz Museum Schlossberg, auf dem es zum Live-Blick auf die Stadt eine Zeitreise in die Vergangenheit gibt.

 

Auch das Schlossbergmuseum mit „ss“ auf dem Schloßberg mit „ß“, ist kein Irrtum. Die Stadt definiert Schloßberg als Eigennamen und macht damit das Grazer Juwel resistent gegen die Rechtschreibreform. Das Graz Museum allerdings gönnt sich das „ss“. Wahrscheinlich wegen des eleganteren Designs. Mal schauen, wie lange das „ß“ überhaupt durchhält. Immerhin wissen alle, was gemeint ist, egal zu welcher Schreibweise man sich entschließt.

  

Von der ehemaligen Kanonenhalle aus hat man eine tolle Aussicht auf Graz. Diesen Graz-Blick gibt es auch per Live-Cam auf einem interaktiven Bildschirm. Tippt man zum Beispiel auf das Eiserne Haus, zoomt sich die Kamera näher an das Kunsthaus heran. Und dann geht es auf in die Vergangenheit – 2000, 1900, 1840. Die Möglichkeit, das Rad der Zeit zurückzudrehen, gibt es aber nur für die grün unterlegten Standorte, das sind der Andreas-Hofer-Platz, die Tegetthoff-, die Erzherzog-Johann-Brücke und die Mur. Auch das gesamte Stadtbild lässt sich in Panoramen historisch nachvollziehen: 1900, 1880 und 1840 stehen zur Auswahl. 

  

Von den multimedialen Möglichkeiten profitiert man auch direkt unter der Kanonenhalle in einem riesigen Gewölbe. Dort steht ein transparentes Modell des Schloßbergs, das Mittelpunkt einer audiovisuellen Umsetzung der Geschichte ist. Licht, Text und Zeichnungen beziehen die Wände mit ein, das Modell selbst gibt abstrakten Einblick in die Veränderungen sowohl auf dem Berg wie auch im Berg. Kurzweilig, spektakulär und lehrreich. Und im Sommer auch zur Abkühlung wärmstens zu empfehlen.

 

Um sagenhafte 2 Euro Eintritt gibt es nicht nur den Graz-Blick und die Schloßberg-Story, sondern auch noch einen Geschichts-Parcour und einen Wundergarten. Im Geschichts-Parcour werden in einigen kleineren Räumen unterschiedliche Exponate vom 16. bis ins 21. Jahrhundert präsentiert. Gemälde, Grafiken, Fotografien, Modelle, Steine und Pflanzen veranschaulichen die Geschichte des Schloßbergs – selbst in den Schubladen findet man Exponate. Der Wundergarten im Freien ist so schräg, dass es dazu irgendwann einmal eine eigene Geschichte geben wird. Nur so viel: es geht um die Fabelwesen rund um den Hausberg, den Teufel, den Panther, den Steinernen Hund, einen Elefanten und den Löwen.

 

Die Kanonenhalle ist jener Ort, von dem aus die Bevölkerung von Graz bis zum Ende des 18. Jahrhunderts mit vier Kanonen vor Bränden gewarnt wurde. Je nachdem wie viel Schuss abgegeben wurden, wusste man wo ein Brand ausgebrochen war. Für Jakomini, St. Leonhard, Geidorf und Graben – damals noch Vorstädte – waren es zum Beispiel 3 Schüsse, 4 für die Innere Stadt. Den Ort ausgemacht haben die Feuerwächter auf dem Uhrturm. Sie haben mit Glocke, Sprachrohr und Fahnen gewarnt und die Kanoniere informiert. 

 

Das Graz Museum Schlossberg ist ziemlich jung. Es wurde erst im September 2020 eröffnet. Möglich wurde der schon lange geplante Ausbau durch eine Million Euro, die eine Grazerin der Stadt zur Verschönerung des Schloßbergs vermacht hat. Sie ist nicht auf dem Bild :-). Aus einem internationalen Wettbewerb ging das Grazer „studio WG3“ als Sieger hervor und erhielt im Juni 2021 dafür den Architekturpreis des Landes Steiermark.

 

Den Schloßberg besuchen über 800.000 Menschen im Jahr, wenn man nur diejenigen zählt, die per Bahn oder Lift nach oben wollen. Die, die zu Fuß gehen, werden die Zahl wohl fast verdoppeln. Ich war allein wegen dieser Blog-Geschichte 3-mal (!) oben. Eigentlich 4-mal. Zunächst bei der Langen Nacht der Museen, wo ich durch eine Führung auf die Funktionen des Bildschirms aufmerksam wurde. Die anderen Sachen kannte ich schon. Dann wollte ich Fotos machen. Beim ersten Mal war es bewölkt. Als es dann traumhaftes Herbstwetter gab, bin ich gleich noch einmal hinauf und musste mangels fotografischen Grundwissens verblüfft feststellen, dass vor dem sonnigeren Hintergrund der Bildschirm sehr dunkel erscheint. Und als ich schließlich bemerkt habe, dass das kein kurzer Blog-Spaziergang, sondern eine Blog-Reise mit mehreren Fotos wird, musste ich noch einmal los. Bei den Fotos habe ich dann gleich einmal probiert, wie aus „Neu mach Alt“ gelingen kann. Da mir aber die Kaffeesud- plus Backrohr-Geschichte aus dem Internet doch etwas zu kompliziert erschien, habe ich mein eher einfaches Fotoshop-Programm bemüht. Ein bisschen Sepia, ein paar Kacheln und dann noch etwas zu viel Sprüheffekt – das Foto schaut nicht ganz so alt aus wie ich es bin, aber es unterstreicht die Idee, so hoffe ich. Außerdem hat es mich auf ein paar Ideen gebracht, die vielleicht ganz hilfreich für diesen Blog sein könnten: erstens es gibt Fotokurse, die man besuchen kann, zweitens gibt es Software zum effektvollen Verändern von Aufnahmen und drittens zahlt sich vielleicht doch das 1-2-3 Ticket im Vorverkauf aus …

 



Graz Museum Schlossberg, Öffnungszeiten März - Okt, tgl. 10.00 - 18.00 Uhr, Okt - März, tgl. 11.00 - 16.00 Uhr, Schloßberg 5, Eintritt 2 Euro * Informationen: www.graz.net/kunst-und-kultur/schlossbergmuseum