Wer findet den Unterschied

Auf den Grazer Straßen, Gassen und Plätzen mit Personenbezeichnungen gibt es Zusatztafeln zur Herkunft des Namens. Wenn es zwei sind, sollte eigentlich auf beiden das Gleiche stehen. Möchte man meinen.

 

Wahrscheinlich ist es die berühmte Ausnahme, dass Johann Strauss in der nach ihm benannten Johann-Strauß-Gasse einmal 1899 und einmal 1900 gestorben ist. Sein Vater ist auf einer Tafel berühmt, dafür hat der Zigeunerbaron das Weite gesucht. Und einmal ist er im Text mit „ß“ geschrieben und einmal mit „ss“. Neuere Forschungsergebnisse und auch die Nachkommen der weltbekannten Familie sehen übrigens das „ss“ als erwiesen an. So oder so, 2025 wird der 200. Geburtstag des Walzerkönigs gefeiert, der am 25. Oktober 1825 in Wien geboren wurde. Gestorben ist er als Deutscher, weil er wegen einer Scheidung in Österreich nicht noch einmal heiraten konnte und deshalb Bürger von Coburg wurde. Nicht faktisch, aber amtlich.

 

Das mit den Zusatztafeln ist eine tolle Sache, eine Art Geschichtsvermittlung beim Spazierengehen. Für mehr als 700 personenbezogene Namen wird die Herkunft erklärt, das heißt für fast die Hälfte aller Bezeichnungen. Die Beschreibungen werden von einer Kommission aus Expertinnen und Experten beurteilt und freigegeben. Spannend, wie es dann zu unterschiedlichen Texten kommen kann. Das Problem ist aber ganz einfach lösbar: Man montiert die Tafel mit dem falschen Sterbedatum – richtig ist 1899 – einfach ab, denn in der ziemlich kurzen Gasse stehen die beiden Hinweise in Leseweite voneinander entfernt. 

 

Es gibt einen Stolperstein für einen anderen Johann Strauß vor der HAK in der Grazbachgasse. Dieser Strauß ist in Graz geboren und hat hier die Schule besucht, bevor er die Heimat wegen seiner jüdischen Abstammung verlassen musste. Das Musikgenie Strauss war nur einmal in Graz und hat noch jung und fast unbekannt 1845 einige Konzerte gegeben. Das Publikum war hingerissen. Den Veranstaltungsort gibt es heute nicht mehr. Es war ein extravagantes Bauwerk, das in der Nähe der heutigen Gesundheitskasse stand. Der Errichter nannte es in aller Bescheidenheit Coliseum nach dem römischen Kolosseum, 3000 Menschen fanden darin Platz. Ein Ball jagte den anderen, ein Konzert das nächste. Zwischendurch wurden Soldaten einquartiert, wenn die Grazer Bürgerschaft sich von der Einquartierungspflicht loskaufen wollte. Schließlich wurde es 1919 abgerissen. Johann Strauss hingegen ist unsterblich. Der Donauwalzer zur Jahreswende und das Neujahrskonzert mit dem Radetzkymarsch seines Vaters sind österreichisches Pflichtprogramm.

 

Feststehende Namen für Straßen entstanden zwischen dem 11. und dem 13. Jahrhundert, dafür Personennamen zu verwenden wurde erst im 18. Jahrhundert modern. Zu den Straßennamen gibt es noch eine andere Geschichte im reichen Blog-Fundus.

 

Vererbbare Nachnamen haben im Venedig des 9. Jahrhunderts ihren Ursprung. In den nächsten Jahrhunderten verbreiteten sie sich beim Adel, dann in den Städten und schließlich auf dem Land. Für Deutschland gibt es ein digitales Register mit Häufigkeit und Herkunft der Familiennamen. Für Österreich sind zumindest Verbreitungskarten verfügbar. Strauss ist dort der 568. häufigste Name mit Schwerpunkt Wien. Schmalz liegt an abgeschlagener 9609. Stelle. Relativ gesehen – steht dort – ist es in Graz am wahrscheinlichsten, einer Person mit diesem Namen zu begegnen. Dabei kenne ich nur mich. Zur Herkunft sagt das deutsche Register, dass der Laufvogel Namensgeber gewesen sein könnte. Abgesehen davon, dass es vor ganz vielen Jahrtausenden auch hierzulande Sträuße gegeben haben soll, war das Tier schon im Mittelalter bekannt. Leoben hat seit dem 13. Jahrhundert einen Strauß im Wappen. Der Name kann aber auch für einen streitbaren Menschen stehen oder für jemanden, der in einem Gelände mit Sträuchern wohnt. Schmalz leitet sich vom Beruf des Schmalzverkäufers oder Händlers mit Fettwaren ab. Und wurde auch für Schönredner und Schmeichler verwendet. Es gibt übrigens auch Schmalz vom Strauß, also in echt, nicht im übertragenen Sinn … 

 

 

Artikel Kleine Zeitung/Robert Engele über das Coliseum * Deutsches Familienwörterbuch mit Häufigkeit und Herkunft * Österreichische Verbreitungskarten von Nachnamen, Nummer 1 in Österreich ist Wagner