Ein Thermometer oder ein Kunstwerk

Am besten beides, dachten sich wohl Auftraggeber und Künstler. Und so schmückt ein 10,5 Meter hohes Kunst-Thermometer die Wand eines bekannten Gebäudes am Zugang zur Sackstraße. 

 

Als Auftraggeber für das Kunstwerk wie auch für das Gebäude, an dem es angebracht ist, fungiert Hotelier Helmut Marko. Das Haus gibt es schon seit 1994, es wurde vom Star-Architekten Günther Domenig aus meiner Kärntner Heimat geplant. 2011 sind darin die exklusiven Apartments des Schlossberghotels neu entstanden, 2013 wurde das Thermometer errichtet. Der Grazer Künstler Michael Schuster beschreibt sein Werk als Spiel mit Mess- und Ordnungssystemen, die den Alltag bestimmen.

 

Was ist aber nun das Besondere an diesem Thermometer? Zum einen die Größe. Es ist ja 10,5 Meter hoch und nennt sich „Thermometer 25:1“. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um einen Maßstab handelt. Also kurz nachrechnen: 10,5 Meter sind 1050 Zentimeter dividiert durch 25 ergibt 42 Zentimeter. Viele Außenthermometer haben genau diese Länge, das Warum ist mir leider verborgen geblieben. Der Künstler, der sich oft von Dingen des Alltags inspirieren lässt, hat sein Modell jedenfalls in einem Baumarkt gefunden. Jedem Temperaturwert ist eine Farbe auf der LED-Anzeige zugeordnet. Normalerweise ist nur die aktuelle Temperatur in einem weiß leuchtenden Feld sichtbar. Alle 15 Minuten tut sich dann aber Besonderes: aus allen gemessenen Werten entsteht ein buntes Farbenspiel. Werte, die noch nie gemessen wurden, bleiben weiß. Nach einer Minute nimmt die Plexiglassäule dann die Farbe des gerade aktuellen Wertes an und bleibt so für kurze Zeit stehen. 

 

Auf der Info-Tafel ist angekündigt, dass das alle 15 Minuten von der vollen Stunde aus gerechnet passiert. Ich wurde allerdings zwei Mal enttäuscht. Bis ich zufällig zu einer anderen Zeit vorbeikam: das bunte Spektakel findet zumindest derzeit exakt zwischen den 15 Minuten statt, also um 7 Minuten 30 Sekunden nach der vollen Stunde und dann alle 15 Minuten. Ein E-Mail an Herrn Marko ist schon unterwegs. So ganz Verlass ist auf die Info-Tafel auch sonst nicht. Der schon uralte Kälterekord von minus 23,7 Grad ist nicht ganz dem richtigen Jahr zugeordnet und der Hitzerekord im Jahr 2013 ein bisschen zu hoch gegriffen. Tatsächlich waren es 38,1 statt 38,9 Grad. Woher ich das weiß? Von der Homepage unserer Universität. Vor deren Hauptgebäude steht in einer grünen Einfriedung die Grazer Wetterstation. Sie liefert die Daten per Standleitung an die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien. Nachweislich gemessen wird in Graz seit 1836.

 

Wann und von wem das Thermometer erfunden wurde, kann man nicht so genau sagen, zu viele Erkenntnisse haben zur Entwicklung beigetragen und waren für die technische Umsetzung notwendig. Mit Glasröhrchen und Flüssigkeit gibt es die Temperaturmesser seit etwa 350 Jahren. Bekannt sind aber jene Wissenschaftler, nach denen die jeweiligen Skalen benannt sind, wie der Schwede Anders Celsius und der Deutsche Daniel Fahrenheit. 

 

Ich selbst habe eine Miniwetterstation, die neben der Raumtemperatur und der Luftfeuchtigkeit auch die Luftqualität anzeigt. Outdoor messe ich die Temperatur mit einem mutigen Schritt auf den Balkon. Allerdings werfe ich sicherheitshalber immer auch einen Blick auf‘s Handy. Für die Wahl des Outfits ist die Tagesprognose hilfreicher. Ich habe gerade gelernt, dass es jede Menge Apps gibt, die mit dem Wetterbericht gleich die passende Kleidung empfehlen, sogar die aus dem eigenen Kleiderschrank. Unglaublich, was es alles gibt …

 

 

Temperaturen von 1890-2004: physik.uni-graz.at/de/igam/forschen/mess-stationen/klimadaten-archiv * spätere Jahre: landesentwicklung.steiermark.at, Regionaldaten, Themen Energie/Umwelt, Klimadaten * Arbeiten von Michael Schuster: das Betonboot im Skulpturenpark, der Spiegel im Eingang zum Landhaushof, der Prismenwender im Joanneumsvierte * Apartments im Domenig-Spitz unter schlossberghotel.at