Der meistverwendete Straßenname ist ein Platz

Über 3.500 Babys taten im Vorjahr auf diesem besonderen Platz ihren ersten Schrei. Bei ihnen und auch allen in den letzten 110 Jahren hier Geborenen steht als Geburtsort Auenbruggerplatz. Es ist der Standort des LKH Graz.

 

Heute heißt das LKH offiziell Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum. Es wurde 1912 in Betrieb genommen und galt damals als größtes und modernstes Krankenhaus Europas. Die technischen Anlagen waren für die damalige Zeit ebenso einzigartig wie die Architektur. Fachleute strömten in Scharen zur Besichtigung nach Graz. Die Jugendstilbauten mit ihren einheitlichen Fassaden haben auch 110 Jahre später nichts von ihrer Schönheit eingebüßt. In den letzten Jahrzehnten erfolgte zudem mit großem finanziellem Aufwand ein Ausbau zu höchster Qualität. Nach der Eröffnung 1912 gab es 1640 Betten und 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 24.000 Menschen wurden jährlich stationär aufgenommen. Heute sind es ähnlich viele Betten, aber mehr als zehnmal so viele Mitarbeitende. Neben den 90.000 stationär aufgenommenen Patientinnen und Patienten werden weitere 400.000 pro Jahr ambulant behandelt. Glücklicherweise aus nicht mehr ganz so aktuellem Anlass ein Hinweis auf die Intensivstationen: es sind 13 mit 176 Betten.

 

Graz hatte natürlich bereits vor 1912 ein Allgemeines Krankenhaus. Es wurde 1788 von Kaiser Joseph II in der Paulustorgasse im ehemaligen Palais Wildenstein gegründet. Heute befindet sich dort die Polizeidirektion. Bereits einige Jahre später wurde ausgebaut, der Platzbedarf und der Wunsch nach mehr Qualität blieben bestehen. 1864 übernahm die Landesverwaltung das Krankenhaus und kaufte schließlich 1890 die gräflich Schönbornschen Gründe östlich von Graz für den Neubau. Was später europaweit große Anerkennung fand, war von heftigsten Protesten begleitet – gegen die Lage, die Gefährdung der Wälder und den vorgelegten Bauplan mit den 24 Einzelgebäuden im Pavillonsystem. 

 

Das größte Krankenhaus in Österreich ist aktuell das AKH in Wien, das größte in Europa die Charité in Berlin und das größte der Welt das Texas Medical Center in Houston.

 

Namensgeber für den Standort war ein berühmter Grazer Arzt: Leopold von Auenbrugger. Er wurde 1722 in der Griesgasse 2 im Eckhaus zum Südtirolerplatz geboren. Auenbrugger ist der Begründer der Perkussion, der ärztlichen Untersuchung durch Abklopfen des Brustkorbes. Zunächst geriet diese Methode nach seinem Tod 1809 in Vergessenheit. Wiederentdeckt wurde sie vom Leibarzt Napoleons und seit Mitte des 19. Jahrhunderts gehört sie zu jeder ärztlichen Untersuchung. Auenbrugger soll über den Wein zur Perkussion gekommen sein. Sein Vater hatte ein Wirtshaus und so lernte er bereits als Kind, dass man die Füllung eines Weinfasses durch Klopfen abschätzen kann. Der Ton gibt Auskunft darüber genauso wie über den Zustand der Organe beim Abklopfen der Brust. 

 

Auenbrugger war später Hofarzt von Maria Theresia und schrieb auch Librettos, unter anderem für Antonio Salieri, der als Gegenspieler von Wolfgang Amadeus Mozart bekannt ist.

 

Mein Geburtsort ist das Griesviertel. Allerdings nicht in Graz, sondern in Wolfsberg in Kärnten. Es ist der Standort des dortigen Landeskrankenhauses. Meine Geburtsbescheinigung hat im Jahr 1953 insgesamt 7 Schilling gekostet, 3 Schilling Stempelmarken und 4 Schilling Gemeindeverwaltungsabgabe. Die Kleine Zeitung von damals, die ich einmal als Geburtstagsgeschenk bekommen habe, kostete 80 Groschen. Mit dem Preis für die Geburtsbescheinigung hätte man also nicht ganz 9 Kleine Zeitungen kaufen können. Heute ist die Erstausstellung der Geburtsurkunde gratis. Ich nehme nicht an, dass das als Anreiz zum Kinderkriegen gedacht ist …

 

Vieles zum LKH-Universitätsklinikum unter www.uniklinikumgraz.at * Leopold Auenbrugger über Wikipedia * Das TCM Houston: praxistipps.focus.de/groesstes-krankenhaus-der-welt-ueber-1-000-operationen-am-tag_98466