Die Grazer Oper und die erste Salome

Kulturell hat Graz einiges zu bieten. Und das nicht erst seit es im Jahr 2003 zur Kulturhauptstadt wurde. Seine Operngeschichte zum Beispiel begann vor fast 300 Jahren, die des jetzigen Opernhauses 1899. 

 

Die außerordentliche Pracht der Eingangshalle und des Zuschauerraums mit seinen 1200 Sitzplätzen fasziniert noch heute. Kein Wunder, denn Graz wollte für sein Opernhaus das Beste vom Besten. Und das lieferten zu dieser Zeit die Wiener Stararchitekten Fellner & Helmer. Graz war ihr dreißigstes Musiktheater. Sie fertigten in Serie mit den entsprechenden Vorteilen: hohes Fachwissen, niedrige Kosten, kurze Bauzeit. Graz bestellte fast wie aus einem Katalog ein Gebäude im Stil des großen Barockbaumeisters Johann Bernhard Fischer von Erlach. Vielleicht als Ersatz, denn obwohl hier geboren, hat er uns nur den Stuck im Inneren des Mausoleums hinterlassen und sich in Wien und Salzburg verewigt. Durch Fellner & Helmer gibt es beim Grazer Opernhaus Ähnlichkeiten mit dem berühmtesten Werk des Architekten, der Karlskirche. Oder eigentlich gab, denn die markanteste Nachbildung war der tempelartige Säulenvorbau, von dem ein kleiner Teil einem Bombenschaden zum Opfer fiel.

 

Fachleute trauern der alten Version immer noch nach und der Verein für Denkmalpflege wünscht sich zum nächstjährigen 125. Geburtstag der Grazer Oper ihre Wiederherstellung. Vielleicht unterstützt eine Aufführung der Oper Marx in London das Ansinnen bei der derzeitigen Stadtregierung. Es ist allerdings eine komische Oper.

 

Opernaufführungen hat es in Graz schon ab 1736 gegeben. Das Gebäude selbst wurde 1899 zunächst als Stadttheater eröffnet. Danach gab es baulich nur die umstrittene Fassadenänderung nach dem Bombenangriff und Mitte der 1980er Jahre die technische Renovierung sowie den Neubau für die Kulissen mit der gläsernen Verbindungsbrücke. Sensationen fanden auf dem Spielplan statt. So war im Mai 1906 die österreichisch-ungarische Erstaufführung der Salome von Richard Strauss. Der Komponist selbst stand am Dirigentenpult. Er hat, wie sich unschwer erahnen lässt, nichts mit der Walzerdynastie zu tun. Alles, was in der Musikszene Rang und Namen hatte, pilgerte damals nach Graz. Auch Gustav Mahler mit seiner Frau Alma, Giacomo Puccini, Arnold Schönberg und Alban Berg. Die Wiener Hofzensur hat Graz dabei in die Hände gespielt. Denn an der Hofoper, deren Direktor Gustav Mahler war, durfte das Stück wegen Verletzung der Sittlichkeit nicht gezeigt werden.

 

Das Schrecken erregende Meisterwerk rund um Salome und den Kopf Johannes des Täufers wurde erstmals 5 Monate vorher in der Oper in Dresden aufgeführt und war ein ebenso großer Publikumserfolg wie Kritikerskandal. Direktor war zu dieser Zeit der aus Graz stammende Ernst von Schuch. Die Aufführung in Graz traf ebenfalls auf ein begeistertes Publikum und eine schon etwas verhaltenere Kritik.

 

Vor Kurzem habe ich eine beste Freundin zur Salome in die Wiener Staatsoper begleitet. Ein bemerkenswertes Erlebnis mit neuen Interpretationen, aber nicht ganz so eindrucksvoll wie meine erste Salome in Graz 2018. Die Grazer Oper ist bekannt für hohe Qualität und auch als Sprungbrett für Weltkarrieren, negative Schlagzeilen sind selten. Da muss man noch einmal weit zurück. 1929 kamen die Aufführungen der Dreigroschenoper bei einer Gruppe deutschnationaler Studenten nicht so gut an und es gab Schlägereien und Verhaftungen. Die Theaterbesucher (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht die Besucherinnen) prügelten die Störenfriede aus der Oper. Für das Image scheint mir das eher förderlich gewesen zu sein.

 

Ich habe einen 10er-Block für Oper und Schauspielhaus. Bei diesem Abo kann man sich das Stück aussuchen und natürlich auch das Datum. Überaus spannend finde ich die jeweiligen Einführungen eine halbe Stunde vor Beginn. Wen das prachtvolle Opernhaus Graz, dessen Geschichte und der Opernbetrieb interessiert – jeden ersten Samstag im Monat um 17.00 Uhr gibt es eine Führung. Die muss ich jetzt wirklich einmal nachholen, obwohl es höchstwahrscheinlich vor dieser Blog-Geschichte sinnvoller gewesen wäre …

 

 

Innenaufnahme: Ausschnitt Foto PR & Marketing Oper Graz * Artikel über die Erstaufführung der Salome unter www.austria-forum.org * Das Opernhaus Graz: www.oper-graz.buehnen-graz.com * Und so haben die alte Fassade und der Bombenschaden ausgeschaut