Die neue Ästhetik der Mülleimer

Sie sind schick, haben ein größeres Fassungsvermögen, als man ihnen ansieht und werden mit Spezialfahrzeugen entleert – die Unterflurcontainer am Hasnerplatz und anderswo. 

 

In Graz gibt es schon 55 solcher Unterflurcontainer an 4 öffentlichen und 4 privaten Sammelstellen. Und es sollen mehr werden. Grund ist nicht in erster Linie ihr ansprechendes Äußeres, sondern es sind die inneren Werte, in dem Fall das unterirdische Fassungsvermögen. Die Container, die in österreichischem Hochdeutsch auch als öffentliche Mistkübel durchgehen, sind mit Fußöffnern, Schalldämmung und Sensoren ausgestattet. Die nächste Generation wird wahrscheinlich schon mit uns sprechen. Wen die Entleerung mit dem Spezialfahrzeug interessiert oder wer fetzige Musik hören möchte – hier das Video der Holding Graz.

 

Im Mittelalter wurde der Müll schlicht aus Fenster und Türen geworfen. Es waren aber hauptsächlich Dinge, die verrottet sind wie Gemüsereste oder Knochen oder der Inhalt des Nachttopfes. Das Wachstum der Städte, der unschöne Anblick, die Geruchsbelästung und die Gefahr der Ausbreitung von Krankheiten wurden aber immer mehr zur Herausforderung. Die Müllabfuhr ist schon etwas älter, die ersten Mülleimer für Wohnhäuser gab es aber erst 1884. Eugène Poubelle ordnete als leitender Beamter in Paris sogar damals schon drei Mülltonnen an: eine für Lumpen und Papier, eine für kompostierbare Abfälle und eine für Glas und Porzellan. Für die revolutionäre Einführung gab es eine besondere Ehre: auf Französisch heißen Mistkübel Poubelle. Natürlich war auch die Abholung organisiert. 

 

Die anderen Städte zogen nach, so auch Graz. Das war dann um die Jahrhundertwende oder etwas später. Aber ohne Mülltrennung. Die wurde in Österreich erst viel später eingeführt – Ende der 1970-er Jahre begann es mit Glas und Mitte der 1980-er Jahre mit den weiteren Sammelbehältern. Die Mülleimer von Wohnhäusern gewinnen auch heute noch keinen Schönheitswettbewerb. In Graz gibt es 41.600 Restmüllbehälter und 122.000 zur getrennten Sammlung von Abfällen. 160 kg Restmüll pro Einwohnerin oder Einwohner fallen jährlich an. Das ist knapp unter dem österreichischen Durchschnitt, die Steiermark insgesamt liegt noch besser. Die Abfallprofis meinen, den Anfall von Restmüll könnten wir mit etwas gutem Willen auf die Hälfte reduzieren. 

 

Ich denke bei mir wird das nichts mit der Reduzierung. Das liegt vor allem an meinem Bio-Mülleimer. Denn hautsächlich landen Essensreste, Obstschalen und vergammelte Lebensmittel falsch im Restmüll. Während meine anderen Abfallbehälter keinen besonderen ästhetischen Ansprüchen gerecht werden, weil sie versteckt sind, ist mein Biomüll-Eimer in Rosa ein hübscher Blickfang auf der Küchenarbeitsplatte. Ich habe lang danach gesucht und er erfreut mich noch immer. 

 

Sicherheitshalber werfe ich aber doch einen kritischen Blick in den haushaltseigenen Restmistkübel und sehe - eine Eierschale. Oje, die hätte zum Biomüll gehört. Papier von der Küchenrolle, das passt. Die Kassenzettel vom Supermarkt sind auch okay. Sie sollen in den Restmüll wegen irgendwelcher Gifte. Aber was ist mit der Folie, in die die Schokolade eingewickelt war? Trotz Grazer Abfall App finde ich nicht heraus, ob sie nicht vielleicht zu den Metallverpackungen gehört. Jedenfalls gilt das für die Deckelfolien von Joghurtbechern, die bei mir im falschen Kübel gelandet sind. Übrigens schadet es nicht, sich ab und zu auf den neuesten Müll-Wissensstand zu bringen. Habe ich bisher Kuverts mit Sichtfenster mit schlechtem Gewissen zum Altpapier gegeben und dieses noch heftiger bei den Metallklammern verspürt, gibt es dazu Entwarnung. Das lässt sich super trennen - Plastik schwimmt oben, Metall sinkt ab – und der Fall ist erledigt. Die Mülltrennung ist übrigens nicht österreichweit geregelt, daher trennt Graz anders als Wien oder Salzburg. Ich werde also besser nicht wieder umziehen, jetzt wo ich mich im Mülldschungel halbwegs zurechtfinde …

 

Noch mehr zu den Unterflurcontainern unter www.holding-graz.at/de/unterflurcontainer-auch-am-hasnerplatz * Info über die Grazer Abfall App und viele Tipps: www.umwelt.graz.at/cms/ziel/4849835/DE * Etwas zur Geschichte: www.resorti.de/blog/eugene-poubelle-und-die-geschichte-der-muelltrennung