Verschollen im Namensgewirr

Eine überaus sehenswerte Ausstellung in der Neuen Galerie widmet sich den Künstlerinnen aus und in der Steiermark zwischen 1850 und 1950. Manche von ihnen hat man erst im Zuge von intensiven Forschungen (wieder)entdeckt.

 

Warum das so ist, hat viele Ursachen. So änderte sich bei nicht wenigen der Name, weil sie durch eine Heirat automatisch den Namen des Mannes übernahmen und sich so ihre Spur verlor. Auch durch Übersiedlungen, Kinder, familiäre Betreuungsaufgaben oder die Berufsausübung, gab es Bruchstellen. In der Ausstellung Ladies first stehen nicht nur die eindrucksvollen Werke, sondern auch die bemerkenswerten Lebensumstände der über 60 weiblichen Kunstschaffenden im Mittelpunkt.

 

Marianne Stokes ist dabei die aufregendste Entdeckung. Sie ist eine international anerkannte Künstlerin, ihre Werke finden sich in so renommierten Museen wie dem Musée d'Orsay in Paris oder der Tate Gallery in London, in Österreich aber wurde sie vergessen. Und das, obwohl sie 1855 in Graz geboren wurde. Aber eben als Marianne Preindlsberger. Sie besuchte die Landeszeichnungsakademie in Graz, studierte Kunst in Wien, München und Paris und lernte in Frankreich Adrian Scott Stokes kennen, einen englischen Landschaftsmaler. Sie heirateten 1884 und gingen nach Großbritannien. Marianne Stokes nahm an wichtigen Ausstellungen teil, erhielt Preise und erreichte einen hohen Bekanntheitsgrad. 

 

Wenn sie in einem weniger patriarchalischen Umfeld als Künstlerin die Wahl zwischen Preindlsberger und Stokes gehabt hätte, ich glaube, sie hätte sich trotzdem für Stokes entschieden. In Österreich wurde die rechtliche Beschränkung, dass nur der Name des Mannes Familienname sein darf, erst in den 1970er Jahren aufgehoben. Wer aber heutzutage heiratet, kann seit April 2013 aus so ziemlich allen Möglichkeiten wählen. Nur mehr als ein Doppelname geht nicht. Wer nichts tut, behält den bestehenden Namen. Drei Viertel der Frauen nehmen aber heute noch den Namen des Mannes an. So viel zur Gleichberechtigung. Dabei gibt es zum Beispiel in Spanien, Frankreich oder Belgien überhaupt keinen gemeinsamen Familiennamen. Und in Ländern wie Großbritannien oder der USA besteht sowieso Namensfreiheit, jede und jeder kann den Namen nach Belieben ändern.

 

Zur Ausstellung gibt einen tollen Audio Guide und auch Online-Führungen. Das funktioniert perfekt und ist vor allem als Kombination empfehlenswert. Ich habe an einer Führung mit Kurator Günther Holler-Schuster teilgenommen und leider darauf vergessen ihn zu fragen, woher er denn seinen Doppelnamen hat. Man kann sich jetzt schon für die Zoom-Führung im Mai anmelden oder auf bessere Zeiten warten. 

 

Ich habe mit meinem eigenen Namen in Jugendzeiten etwas gehadert und durchaus mit dem Gedanken gespielt, ihn ändern zu lassen. Aber irgendwann gewöhnt man sich daran, vor allem, wenn ihn sonst niemand merkwürdig findet und man ohnehin einen humorvollen Blick auf die Welt hat. Auf die Frage wie man Schmalz schreibt, habe ich immer schon „wie Butter“ geantwortet. In den 1990er-Jahren, was gefühlt 100 Jahre her ist, gab es dann sogar Pressemeldungen, die mit meinem Namen spielten. Vollends im Reinen mit mir bin ich seit es Ferdinand Schmalz gibt, einen erfolgreichen Dramatiker, der eigentlich Matthias Schweiger heißt und Schmalz als Künstlernamen trägt – wegen der fetten Metaphern, die er verwendet. Diese Selbstironie ist nicht zu toppen. Er ist übrigens 1985 in Graz geboren und sein erstes Theaterstück heißt „am beispiel der butter“. Ich schau jetzt einmal kurz in den Kühlschrank …

 

Katalog Ladies first, Neue Galerie Graz, Leykam * Anmeldung zu Führungen: www.museum-joanneum.at/neue-galerie-graz/ausstellungen * Jahresticket Universalmuseum Joanneum, 25 Euro für 19 Museen * S. Zaussinger, Die Vorrangstellung des Mannes bei der Bestimmung des Ehenamens, Wien, 2009