Auf (wie)vielen Stufen Richtung Himmel

Fast mitten in Graz gibt es eine Jakobsleiter. Engel steigen dort zwar nicht auf und ab, aber Menschen, die die Stufen auf den Reinerkogel spazieren gehend, wandernd oder laufend bezwingen.

 

Wie war doch gleich die Geschichte mit Jakob und der Himmelsleiter? Jakob ist der Sohn von Isaak und Rebekka und damit ein Enkel Abrahams. Jakobs Vater ist also der, der von seinem eigenen Vater geopfert hätte werden sollen, wenn die Prüfung Gottes nicht im letzten Moment abgesagt worden wäre. Jakob hat einen Zwillingsbruder, den er um sein Erbe bringt. Auf der Flucht vor dessen Rache sieht er im Traum die berühmte Himmelsleiter, auf der Engel auf und ab steigen. Ganz oben thront Gott, der eine frühere Verheißung auf Land und Nachkommen bekräftigt. Aus den Söhnen Jakobs gehen dann die 12 Stämme Israels hervor. Eine Leiter soll es erst durch die Übersetzungen geworden sein. Im Hebräischen war es offenbar noch eine Treppe, die bei uns in Österreich wiederum eine Stiege ist, wenn sie sich nicht gerade wendelt.

 

Wie viele Stufen unsere Jakobsleiter hat, das wissen nur die Götter oder der eine, der oben thront oder die Engel, die vielleicht doch unsichtbar auf und ab klettern. Im Internet gibt es Hinweise auf knapp 300, 338, 350, 360, 448 und ca. 450 Stufen. Leider habe ich die unterschiedlichen Angaben erst nach meinem nicht ganz mühelosen Aufstieg entdeckt, sonst hätte ich mitgezählt. Aufmerksame Leserinnen und Leser kennen solche Ungereimtheiten schon aus anderen Blog-Geschichten. Aber es war noch nie so einfach Gewissheit zu erlangen.

 

Manchmal steht auch noch, dass man oben am Reinerkogel auf 500 m Seehöhe ausreichend Sitzgelegenheiten und Tische für eine Jause vorfindet. Es gibt zwar Tische, aber nur ein einziger ist mit Bänken ausgestattet. Der war besetzt, ich hatte aber ohnehin keine Jause dabei. Die Treppe findet man, wenn man von der Theodor-Körner-Straße in die Robert-Stolz-Gasse abbiegt (gleichnamige Haltestelle der Linien 3 und 5). Man überquert die Grabenstraße, wo zwecks Überlebenschance die Nutzung der Fußgängerampel zu empfehlen ist. Dann nimmt man den „Weg zum Reinerkogel“ bergauf bis zum unübersehbaren Beginn der Jakobsleiter. Gleich nach den ersten Stufen ist ein Läufer an mir vorbeigeeilt, er ist mir dann wieder entgegengekommen und hat mich von unten noch einmal überholt. Wie ein Engel sah er nicht aus.

 

Die Stufen sind Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden, oben war früher eine Warte. Man sieht auch noch an Mauerresten, dass es einmal Weinstock-Terrassen gegeben hat. Am Plateau ist mir ein Berater aus meiner Berufszeit über den Weg gelaufen. Er hat mir die Strecke nach unten zum Karmeliterkloster beschrieben. Das dürfte weniger mit seiner Profession zu tun haben, als mit seinen sportlichen Ambitionen. Er ist seit vielen Jahren Orientierungsläufer und vielfacher österreichischer Meister.

 

Meine Engelchen zu Hause klettern keine Leitern oder Stiegen auf und nieder, sie hängen von der Decke im Vorraum. Es ist ein Mobile mit neun weiß-goldenen Figuren, die sich bei jedem Lufthauch bewegen. Wenn ich vergesse, dass die Fenster geöffnet sind und arglos die Eingangstür aufmache, kann es sein, dass sie sich verheddern. Dann wieder Ordnung zu schaffen, ist ziemlich zeitaufwendig. Das Mobile ist aus dem dänischen Familienbetrieb Flensted, der noch viele andere wunderschöne Mobiles im Sortiment hat. Ich habe die Engelchen auch schon zu Weihnachten verschenkt. Ich werde das fortsetzen. Mal sehen wer diesmal dran ist, es sind ja nicht einmal mehr 3 Monate bis dahin. Aber davor muss ich unbedingt noch die Stufen der Jakobsleiter zählen …

 

Moderner Text zu Jakob: www.oe1.orf.at/artikel/350339/Bibelkommentar-zu-1-Mose-28 * Geschichte des Reinerkogels und auch der ehemaligen Reinerkogelwarte unter wikipedia * Angel Chorus und anderes: www.flensted-mobiles.com